Die ALAN KURDI

Einsatzzeitraum: 2018-2021

Nachdem unter politischem Druck im Sommer 2018 unseren bisherigen Rettungsschiffen die niederländische Flagge entzogen worden war, erfolgte ein wegweisender Schritt nach vorne. Im folgenden Herbst erwarben wir das 38 m lange ehemalige Forschungsschiff PROFESSOR ALBRECHT PENCK (Baujahr 1951) in Stralsund und entsendeten es im Dezember 2018 als Rettungsschiff ins Mittelmeer.

Denn auch wenn die Europäische Union die Augen vor der katastrophalen Menschenrechtslage im Mittelmeer verschloss, wir sahen immer noch die zahlreichen Seenotfälle und Todesopfer an Europas Grenzen.

  • ALAN KURDI im Mittelmeer
  • Gerettete Familie auf der ALAN KURDI

Ein halbes Jahr nachdem uns aus politischen Gründen der Betrieb unserer bisherigen Rettungsschiffe unmöglich gemacht wurde, rettete unser neues Schiff kurz nach Weihnachten 2018 wieder Menschen aus einem überladenen Fischerboot.

In 2018 bekämpfte die europäische Politik in noch nie dagewesenem Maße die zivile Seenotrettung, die Menschenrechte im Mittelmeer und damit auch sich selbst. Anstatt über Menschenrechte und Gleichheit diskutierte Europa über Flaggen und Schiffszulassungen.

Anfang 2019 beschloss Sea-Eye, ein Zeichen zu setzen und die europäische Politik und die Öffentlichkeit daran zu erinnern, was die Abschottungspolitik der Europäischen Union für jeden einzelnen Toten und seine Angehörigen bedeutet. Dafür erinnerte Sea-Eye an ein Einzelschicksal, das stellvertretend für die vielen Schicksale auf dem Mittelmeer steht – an das der Familie Kurdi.

2015 floh Abdullah Kurdi mit seiner Frau Rehanna Kurdi und seinen beiden Söhnen Ghalib und Alan zusammen mit anderen Flüchtenden aus der Türkei. Ihr Ziel war Griechenland, denn sie hofften in der Europäischen Union Sicherheit und Schutz zu finden. Als ihr Boot sank, ertrank fast die gesamte Familie. Nur der Vater überlebte.

Eine Reporterin fand die Leiche des jungen Alan, mit einem roten T-Shirt und einer blauen Hose bekleidet, mit dem Gesicht im Sand an einem türkischen Strand. Das Foto des kleinen Alan ging um die Welt, zeigte es doch an einem Einzelschicksal, was die Abschottungspolitik für Flüchtende bedeutet.

  • Schnellboot der ALAN KURDI im Mittelmeer
  • Rettungsschiff ALAN KURDI im Mittelmeer

Am 10. Februar 2019 taufte Abdullah Kurdi das Rettungsschiff im Hafen von Palma de Mallorca auf den Namen seines jüngsten Sohnes. Der Schiffsname erinnerte daran, was wirklich zählt: Menschenleben retten

Gleichzeitig forderte dieser Name aber auch von den europäischen Staaten, ihre Abschottungspolitik aufzugeben und die Menschenrechte der Flüchtenden ohne Einschränkungen zu schützen.

Im Juli 2021 musste Sea-Eye schweren Herzens den Betrieb der ALAN KURDI einstellen und sich von diesem besonderen Rettungsschiff trennen. Da die andauernden Festsetzungen der Rettungsschiffe in Italien Sea-Eye finanziell stark belasteten, musste die ALAN KURDI verkauft werden. Seitdem konzentriert sich Sea-Eye vollständig auf die Rettungseinsätze mit der SEA-EYE 4.

Die ALAN KURDI konnte in 12 Einsätzen 927 Menschen aus Seenot retten. Die italienische Organisation RESQ wird die Rettungseinsätze unter neuem Schiffsnamen „RESQ PEOPLE“ fortsetzen.