SEA-EYE 5 rettet 57 Menschen aus akuter Seenot – Italien weist weit entfernten Hafen zu

Gerettete müssen trotz kritischem Gesundheitszustand tagelang auf Ausschiffung warten – Sea-Eye kritisiert unmenschliche Hafenpolitik Italiens

Am Freitagabend erreichte die Crew der SEA-EYE 5 ein Notruf von Alarm Phone,  einer zivilen Notrufnummer um Unterstützung und Rettung zu organisieren. Gegen 3:30 Uhr morgens konnten sie das Holzboot nach langer Suche in der Dunkelheit schließlich lokalisieren. Zu diesem Zeitpunkt drang bereits Wasser in das überfüllte Boot.

Am frühen Samstagmorgen konnte die Besatzung des Rettungsschiffs SEA-EYE 5 alle 57 Menschen aus akuter Seenot retten und sicher an Bord bringen. Die Schutzsuchenden waren bereits seit mehreren Tagen auf offener See, ohne Nahrung und Wasser. Medizinische Versorgung war notwendig und die Lage an Bord wurde durch schlechte Wetterbedingungen zusätzlich erschwert. Trotzdem wiesen die italienischen Behörden der SEA-EYE 5 den weit entfernten sicheren Hafen von Crotone zu.

Die medizinische Situation nach der nächtlichen Rettung war sehr kritisch. Die 57 Personen waren tagelang unterwegs, ohne Essen und Trinken. Viele waren dehydriert, litten an sogenannten Fuel Burns – chemischen Verbrennungen durch eine Mischung aus Benzin und Salzwasser – und unter extremer Seekrankheit. Trotz sofortiger Behandlung blieb ihr Zustand kritisch. Aus medizinischer Sicht war die Situation lebensbedrohlich,“ hebt  Dr. Christin Linderkamp von German Doctors hervor, die die medizinische Versorgung auf der SEA-EYE 5 leitet.

Aufgrund der kritischen Lage an Bord, hat die Crew zweimal bei den italienischen Behörden die Zuweisung eines näheren sicheren Hafen angefragt –  beide Anträge wurden abgelehnt und die Menschen an Bord mussten weitere 50 Stunden Fahrt ausharren, in denen sie unnötig lange weiteren körperlichen und mentalen Strapazen ausgesetzt waren. 

Gestern Morgen konnten schließlich alle 57 geretteten Personen sicher in Crotone an Land gehen. Von einem Happy End ist jedoch nicht zu sprechen, wie Kai Echelmeyer, Deck Manager der aktuellen Mission auf der SEA-EYE 5 und Vorstandsmitglied von Sea-Eye betont:

Nach einer unnötig langen und riskanten Fahrt zu einem weit entfernten Hafen wurden wir bei unserer Ankunft von Frontex und der Küstenwache mit offener Ablehnung empfangen. Für uns ist es unerträglich zu sehen, dass Menschen, die gerade vor dem Ertrinken gerettet wurden, in Europa auf Misstrauen und Kälte stoßen. Auch wenn wir dankbar sind, sie in Sicherheit gebracht zu haben, bleibt das Gefühl, sie in ein feindseliges Umfeld übergeben zu müssen. Dieser Umgang mit Schutzsuchenden ist zutiefst unmenschlich.”

Sea-Eye kritisiert erneut die Praxis europäischer Behörden, zivilen Rettungsschiffen weit entfernte Häfen zuzuweisen. Diese Verzögerungen gefährden das Leben der Geretteten und stellen eine zusätzliche Belastung für Crews und medizinisches Personal dar.