Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) werden seit 2014 mehr als 30.000 Menschen im Mittelmeer vermisst. Sea-Eye fordert die EU auf, endlich Verantwortung zu übernehmen.

Die Zahl der Vermissten im Mittelmeer hat laut dem Missing Migrant Project der IOM mittlerweile die 30.000-Marke überschritten. Fast 80 Prozent der Verschollenen werden laut Statistik im zentralen Mittelmeer vermisst. Ertrinken ist die häufigste Todesursache. Unter den Verunglückten sind auch viele Kinder. Allein im Jahr 2024 sind bereits mehr als 1.000 Menschen auf der tödlichsten Fluchtroute verschwunden.

Statt gegen die Hilfsorganisationen vorzugehen, müssen die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten endlich ihrer Verantwortung im Mittelmeer gerecht werden. Derzeit bekämpfen sie weder die Fluchtursachen noch sorgen sie für sichere Fluchtrouten, sondern sie erschweren unsere humanitäre Arbeit nur noch mehr: Durch Festsetzungen, die Zuweisung weit entfernter Häfen oder strengere Auflagen für zivile Rettungsschiffe. Dabei zeigen Gerichtsurteile wie das in Reggio Calabria ganz deutlich, dass es sich bei den Maßnahmen gegen unsere Einsätze um den Missbrauch staatlicher Machtbefugnisse handelt. Die EU ist inzwischen für über 30.000 verlorene Menschenleben im Mittelmeer verantwortlich. Wir brauchen endlich eine Abkehr von diesem brutalen, europäischen Grenzregime hin zu einer menschenrechtsbasierten Migrationspolitik!”, fordert Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. 

Allein zwischen Juni 2023 und Juni 2024 wurde die SEA-EYE 4 insgesamt 120 Tage in Italien festgesetzt. Der in Regensburg ansässige Verein hat bereits mehrfach gegen rechtswidrige Festsetzungen geklagt. Das Gericht in Reggio Calabria hatte am 5. Juni einer Klage von Sea-Eye stattgegeben und die 60-tägige Verwaltungshaft der SEA-EYE 4 im März 2024 für unrechtmäßig erklärt.


Als Antwort auf die anhaltende Krise im Mittelmeer sendet Sea-Eye e.V. noch in diesem Jahr einen ehemaligen Seenotkreuzer ins Mittelmeer. Die Oscar-nominierte Schauspielerin Sandra Hüller taufte das Rettungsschiff am Montag auf seinen neuen Namen SEA-EYE 5.

Das Schiff wird noch in diesem Jahr zu seinem ersten lebensrettenden Einsatz im Mittelmeer auslaufen

Am 22. Juli 2024 taufte die Oscar-nominierte Schauspielerin Sandra Hüller gemeinsam mit Omorogbe Peter Obamwonyi, Crew-Manager bei Sea-Eye, den Rettungskreuzer SEA-EYE 5. Die Zeremonie fand im Hafen der italienischen Stadt Ancona statt. Das Schiff war bis 2020 unter dem Namen NIS RANDERS für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) im Einsatz. Als ziviles Rettungsschiff SEA-EYE 5 wird es künftig auf der tödlichsten Fluchtroute der Welt Menschen in Seenot zu Hilfe kommen. Seit 2014 starben fast 30.000 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer.

„Ich wünschte, dieses Schiff müsste nicht existieren. Ich wünschte, die Regierungen Europas und der Welt würden endlich begreifen, dass Migration nicht aufhört, wenn sie das Sterben auf den Migrationsrouten zulassen. Sie wird aufhören, wenn sie die Verantwortung für das Leid der Menschen übernehmen, die ihre Heimat verlassen, verursacht durch die Arroganz und Ignoranz des Rests der Welt und der Politik. Ich wünsche diesem Schiff eine friedliche See und danke der Besatzung für ihre leider notwendige Arbeit. Mögen dieses Schiff und die Menschen darauf gesegnet sein“, erklärte Sandra Hüller.

Sandra Hüller

Omorogbe Peter Obamwonyi ergänzte: „Trotz aller Erfolge der letzten Jahre und der vielen geretteten Menschenleben wachsen die Hürden in der zivilen Seenotrettung mit illegalen Festsetzungen, die uns wiederholt in Häfen festhalten. Jetzt, mit dem zusätzlichen Rettungsschiff SEA-EYE 5, sind wir zuversichtlich, dass wir mehr Kraft haben, um das zu tun, was wir am besten können und worauf wir stolz sind – weiterhin Leben zu retten.“

Sandra Hüller und Omorogbe Peter Obamwonyi

Der Kaufpreis von rund 465.000 Euro wurde durch eine Spendenaktion von United4Rescue finanziert, einem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiierten zivilgesellschaftlichen Bündnis mit über 900 Partnern. Sandra Bils, Vorstandsmitglied von United4Rescue, sagte in ihrer Rede:

„Wir sind überwältigt, wie viele Menschen in so kurzer Zeit für den Rettungskreuzer gespendet haben. Die große Spendenbereitschaft zeigt: Wir schauen nicht weg, wenn die europäischen Staaten Schutzsuchende auf dem Mittelmeer ertrinken lassen. Gemeinsam setzen wir der tödlichen Abschottungspolitik etwas entgegen und schicken die SEA-EYE 5 als viertes Bündnisschiff aufs Mittelmeer!“

Sandra Bils

Zur Behandlung von medizinischen Notfällen wird an Bord eine Krankenstation eingerichtet. Deren Ausstattung und Betrieb wird durch die langjährige Sea-Eye-Partnerorganisation German Doctors e.V. ermöglicht. Vorständin Dr. Christine Winkel­mann betonte bei den Feierlichkeiten:

Für uns ist es eine menschenrechtliche Verpflichtung, Menschen in Not zu helfen und sie medizinisch zu versorgen – egal, ob an Land oder auf See. Unsere Ärzte und Ärztinnen berichten immer wieder von unermesslichem Leid: traumatisierte Menschen, unterkühlt und dehydriert mit unterschiedlichen Verletzungen. Oft haben sie Schlimmstes durchgemacht, bevor sie an Bord des Rettungsschiffs kommen. Diese Zustände sind unerträglich. Durch den ehrenamtlichen Einsatz von erfahrenen Bordärzt*innen und dem gesamten medizinischen Team versuchen wir auch unter diesen widrigen Umständen das Recht auf medizinische Versorgung umzusetzen.“

Dr. Christine Winkelmann

Die SEA-EYE 5 wurde 1990 gebaut und gehört zur 23,3-Meter-Klasse, einer Serie von sieben Seenotkreuzern der DGzRS. Bis 2018 war sie vor Maasholm an der schleswig-holsteinischen Küste im Einsatz und wurde weitere zwei Jahre von der DGzRS ohne feste Station betrieben. Vor seinem ersten Einsatz im zentralen Mittelmeer wird der Rettungskreuzer überholt und technisch modernisiert.

Um das Jahresbudget der SEA-EYE 5 zu decken, sucht Sea-Eye aktuell 3.000 Schiffspat*innen, die mit einer monatlichen Spende den Betrieb des Rettungskreuzers sicherstellen. Der Umbau des Schiffes, die ersten Einsätze und ein Teil der dauerhaften Finanzierung werden durch zwei langfristige Darlehen der GLS Bank sowie eine Crowd-Kampagne des Kooperationspartners GLS Crowd abgedeckt.

Nach einem der Einsätze versuchte die sogenannte libysche Küstenwache mehrfach, die Besatzung des zivilen Rettungsschiffs einzuschüchtern

Bei drei Einsätzen am 16. und 17. Juli 2024 hat die SEA-EYE 4 insgesamt 31 Menschen aus Seenot gerettet: Am Dienstag sichtete die Besatzung des Rettungsschiffs um etwa fünf Uhr morgens drei Menschen in einem kleinen hölzernen Fischerboot, das weder über Rettungsausrüstung noch über moderne Navigationsgeräte verfügte, und evakuierte sie. Während die Crew auf Anweisungen der italienischen Behörden wartete, entdeckte sie gegen Mittag ein weiteres Holzboot in Seenot und rettete 20 Personen – darunter eine Mutter mit ihrem Baby. Am Tag darauf reagierte die SEA-EYE 4 am frühen Nachmittag auf den Notruf eines Flugzeugs, das ein Fiberglasboot mit acht Personen in Seenot beobachtet hatte, und brachte auch diese in Sicherheit.

„Einige der Geretteten befinden sich in einem schlechten, vereinzelt sogar kritischen Gesundheitszustand. Diese Menschen müssen so schnell wie möglich medizinisch versorgt werden. Für sie ist es eine Zumutung, dass wir wieder einen so weit entfernten Hafen zugewiesen bekommen haben”, sagt Ayesha Sattar, Bordärztin auf der SEA-EYE 4 für German Doctors e.V.

Kurz nach der zweiten Rettung am 16. Juli traf die sogenannte libysche Küstenwache ein und versuchte, die Besatzung der SEA-EYE 4 einzuschüchtern:

„Nachdem wir die Menschen gerettet hatten, zündete die sogenannte libysche Küstenwache das leere Boot an und umkreiste uns zweimal mit heulenden Sirenen. Sie forderten uns auf, das Gebiet zu verlassen – obwohl sie dazu in internationalen Gewässern rechtlich nicht befugt sind – und verfolgten uns lange Zeit. Das ist ein klarer Versuch, uns einzuschüchtern und die Menschen, die sich ohnehin schon in einer schwierigen Situation befinden, noch mehr in Bedrängnis zu bringen. Mit Hilfe für Menschen in Seenot haben diese Aktionen nichts zu tun”, beschreibt Julie Schweickert, Einsatzleiterin an Bord der SEA-EYE 4, die Situation.

Die sogenannte libysche Küstenwache fängt flüchtende Menschen auf dem Mittelmeer ab und bringt sie zurück in das Bürgerkriegsland Libyen. Finanziert wird sie unter anderem von der Europäischen Union. UN-Experten haben der EU deshalb bereits 2023 vorgeworfen, Beihilfe zu den Verbrechen der sogenannten libyschen Küstenwache zu leisten.

In ihren Einsätzen agiert die sogenannte libysche Küstenwache immer wieder äußerst aggressiv und gewalttätig, wodurch bereits Menschen ums Leben gekommen sind. In Libyen droht den verschleppten Menschen Inhaftierung in sogenannten Detention Camps, wo sie schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Die italienischen Behörden haben die SEA-EYE 4 angewiesen, die Überlebenden im Hafen von Ortona in der Provinz Chieti an Land zu bringen. Mit dieser Zuweisung nehmen die Behörden in Kauf, dass die SEA-EYE 4 einen weiten Weg zurücklegen muss und dadurch tagelang im Einsatzgebiet fehlen wird, obwohl ihre Rettungskapazitäten dort dringend benötigt werden. Das Rettungsschiff wird voraussichtlich am Samstagabend im Hafen eintreffen.

Das zivile Seenotrettungsschiff der Regensburger Organisation Sea-Eye e.V. ist direkt wieder ins Einsatzgebiet aufgebrochen

Am Donnerstag (11. Juli 2024) erreichten gegen Mittag 174 Überlebende an Bord der SEA-EYE 4 den Hafen von Genua – darunter auch eine Mutter mit ihrem Baby. Die Menschen waren am Sonntag und Montag im Mittelmeer gerettet worden. Das Schiff half an den beiden Tagen bei insgesamt 5 Einsätzen 231 Menschen in Seenot. Die beim letzten Einsatz geretteten Menschen wurden noch am Montag der italienischen Küstenwache übergeben. Für die übrigen 174 Überlebenden haben die italienischen Behörden Genua – rund 600 Seemeilen vom Einsatzgebiet entfernt – als sicheren Hafen bestimmt.

“Die drei Tage, die wir bis Genua gebraucht haben, waren für die geschwächten Überlebenden drei weitere strapaziöse Tage auf dem Mittelmeer. Wir sind froh, dass wir sie endlich in Sicherheit bringen konnten. Dass wir in so kurzer Zeit so viele Rettungen durchgeführt haben, hat vor allem eines gezeigt: Wir werden vor Ort dringend gebraucht. Deshalb war es für uns wichtig, so wenig Zeit wie möglich zu verlieren und uns direkt wieder auf den Weg ins Einsatzgebiet zu machen”, erklärt Ayesha Sattar, Einsatzärztin von German Doctors auf der SEA-EYE 4.

Um 21:30 Uhr, nur wenige Stunden nachdem die SEA-EYE 4 Genua erreichte, verließ das Schiff wieder den Hafen, um erneut ins Einsatzgebiet zu starten. Dort wird es voraussichtlich Anfang der kommenden Woche eintreffen.

Unter den Überlebenden befanden sich auch eine Mutter mit ihrem Baby und eine im neunten Monat schwangere Frau.

Am Sonntagmittag (7. Juli 2024) reagierte die Besatzung des zivilen Rettungsschiffs SEA-EYE 4 auf einen Notruf von Alarmphone und evakuierte 46 Personen von einem in Seenot geratenen Schlauchboot. Wenige Stunden später erhielt das Schiff eine weitere Alarmphone-Meldung. In diesem Fall war das Segelschiff NADIR der Organisation RESQSHIP zuerst vor Ort, stabilisierte das seeuntüchtige Schlauchboot, das Luft verlor und zum Teil mit Wasser gefüllt war, verteilte Rettungswesten und sicherte 22 Menschen auf Rettungsinseln – darunter eine Mutter mit ihrem Baby. Als die SEA-EYE 4 gegen 19 Uhr eintraf, übernahm sie alle 60 Überlebenden. Um 2 Uhr nachts am 8. Juli erreichte das Rettungsschiff ein Fiberglasboot und rettete weitere 10 Personen. Am Montagmorgen brachte die Besatzung gemeinsam mit der Crew der NADIR insgesamt 58 Menschen von einem überfüllten Holzboot, in das bereits Wasser eingedrungen war, an Bord der SEA-EYE 4 in Sicherheit. Der Einsatz war um 7 Uhr beendet. Um kurz nach 12 Uhr fand das Schiff ein weiteres Schlauchboot in Seenot und rettete 57 Menschen, darunter eine hochschwangere Frau.

„Fünf Rettungen in 24 Stunden: Das zeigt, welcher Ausnahmezustand derzeit im Mittelmeer herrscht – und wie wichtig es ist, dass wir vor Ort sind, um Menschenleben zu retten. Doch durch die Zuweisung weit entfernter Häfen – allein für die Fahrt nach Genua müssen wir sechs Tage An- und Abreise einplanen – verlieren wir wertvolle Zeit in der Such- und Rettungszone, in der wir Menschen in Not nicht helfen können. Für schutzsuchende Menschen kann diese Politik tödliche Konsequenzen haben”, betont Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

„Wir hatten eine hochschwangere Frau an Bord, die dringend medizinisch versorgt werden musste. Viele der Geretteten haben Tage auf dem Mittelmeer verbracht, sind geschwächt und stark dehydriert. Einige leiden an Fuel Burns, also chemischen Verbrennungen, die entstehen, wenn sich Benzin mit Meerwasser vermischt und dann mit der menschlichen Haut in Berührung kommt”, ergänzt Ayesha Sattar, Einsatzärztin von German Doctors auf der SEA-EYE 4.

Die SEA-EYE 4 hat auf Anweisung der italienischen Behörden die beim letzten Einsatz geretteten Menschen der italienischen Küstenwache übergeben. Nun steuert das Schiff den etwa 600 Seemeilen entfernten Hafen in Genua an, wo es voraussichtlich am 11. Juli eintreffen wird. Dort werden die Menschen der ersten vier Einsätze das Rettungsschiff verlassen dürfen.

© Christian Hüller / Agentur Focus; Veröffentlichung und Weiterverbreitungen des Fotos sind nur im Zusammenhang mit dieser Pressemitteilung gestattet.

Die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e.V. schickt ab Sommer 2024 einen Rettungskreuzer ins Mittelmeer. Um die Einsätze zu finanzieren, sucht der Verein ab dem Weltflüchtlingstag am 20. Juni insgesamt 3.000 Schiffspat*innen.

Der ehemalige Rettungskreuzer NIS RANDERS der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) wird künftig als SEA-EYE 5 im Mittelmeer Leben retten. Um das Jahresbudget zu finanzieren, will der Verein 3.000 Dauerspender*innen finden, die als Schiffspat*innen den Betrieb des Rettungskreuzers mit monatlich 16,67 Euro sicherstellen. Mit der Oscar-nominierten Schauspielerin Sandra Hüller hat Sea-Eye eine prominente Taufpatin gewonnen.

Es ist mir eine große Ehre, Patin der SEA-EYE 5 zu sein. Jeder Mensch hat ein Recht auf Freiheit, Frieden und Sicherheit. Die Teams der Seenotrettung leisten eine unverzichtbare Arbeit, die oft über Leben und Tod entscheidet. Ich möchte diese wertvolle Mission unterstützen und dazu beitragen, dass Menschen in Not die dringend benötigte Hilfe erhalten”, betont Sandra Hüller.

Die SEA-EYE 5 ist Sea-Eye’s Antwort auf die andauernde humanitäre Krise im Mittelmeer, der tödlichsten Fluchtroute der Welt. Der flexibel einsetzbare Rettungskreuzer wurde 1990 gebaut und gehört zur 23,3-Meter-Klasse, einer Serie von sieben Seenotkreuzern der DGzRS. Dank ihrer leistungsstarken Motoren erreicht die SEA-EYE 5 schnell Boote, die in Seenot geraten sind. Obgleich der Rettungskreuzer kleiner als die SEA-EYE 4 ist, kann er die Häfen von Lampedusa oder Malta problemlos erreichen, um Überlebende in Sicherheit zu bringen. Die SEA-EYE 5 ist damit eine wichtige Ergänzung der zivilen Rettungsflotte, die seit 2015 jene Lücke in der EU schließt, die durch die Einstellung der staatlichen Seenotrettung entstanden ist. 

„Wir freuen uns, gerade am Weltflüchtlingstag ein starkes Zeichen für die Seenotrettung setzen zu können: In wenigen Wochen werden wir einen schnellen und flexiblen Rettungskreuzer ins Mittelmeer entsenden. Dass wir Sandra Hüller als Taufpatin für das Schiff gewinnen konnten, bestärkt uns in unserer Mission, weiterhin Menschenleben auf der tödlichsten Fluchtroute der Welt zu retten!”, ergänzt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Als NIS RANDERS war der Rettungskreuzer bis 2018 vor Maasholm an der schleswig-holsteinischen Küste im Einsatz und wurde weitere zwei Jahre ohne feste Station von der DGzRS betrieben. Zuletzt befand sich das Schiff in Privatbesitz. Vor ihrem ersten Einsatz im zentralen Mittelmeer wird die SEA-EYE 5 überholt und technisch modernisiert. Für die Rettung von Menschen in Seenot wird ein Tochterboot in einer Heckwanne mitgeführt, das automatisch ein- und ausgefahren werden kann. Darüber hinaus verfügt das Schiff über einen Schlepphaken, mobile Rettungsgeräte sowie eine umfangreiche Navigations- und Funkausrüstung. Auch eine Krankenstation befindet sich an Bord. Deren Ausstattung und Betrieb wird durch die langjährige Sea-Eye-Partnerorganisation German Doctors e.V. ermöglicht.

Die SEA-EYE 5 wird als viertes Bündnisschiff von United4Rescue – einer von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiierten und von über 900 Partnern getragenen zivilgesellschaftlichen Allianz – in den Einsatz gehen. Um den Kaufpreis von rund 465.000 Euro zu finanzieren, hat United4Rescue eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Der Umbau des Schiffs, die ersten Einsätze und ein Teil der dauerhaften Finanzierung werden durch zwei langfristige Darlehen der GLS Bank sowie eine Crowd-Kampagne ihres Kooperationspartners, der GLS Crowd, abgebildet.

Richter erklärt 60-tägige Festsetzung im März 2024 für unrechtmäßig

Das Gericht in Reggio Calabria hat in einer Verhandlung am Mittwochmorgen der Klage von Sea-Eye e.V. stattgegeben und eine 60-tägige Festsetzung der SEA-EYE 4 vom März 2024 für unrechtmäßig erklärt. Die Vorwürfe, die Besatzung des Schiffs habe die Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache nicht befolgt, sah der Richter als nicht erwiesen an.

Das Urteil von Reggio Calabria ist ein bedeutender Sieg für uns – und für alle anderen Seenotrettungsorganisationen! Es zeigt ganz deutlich, dass es sich bei den Festsetzungen ziviler Rettungsschiffe um den Missbrauch staatlicher Machtbefugnisse handelt. Wir brauchen jetzt dringend die politische Unterstützung der Bundesregierung, denn Italien missachtet mit seinen rechtswidrigen Festsetzungen deutscher Rettungsschiffe auch die Rechte unseres Flaggenstaates. Wir bitten die zuständigen Ministerien eindringlich darum, das Urteil zum Anlass zu nehmen, sich für ein Ende dieser Praxis in Italien einzusetzen”, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V. 

Als Grund für die Festsetzung der SEA-EYE 4 gaben die italienischen Behörden an, dass das Schiff am 7. März den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache, die laut Bericht von Augenzeugen mit Waffen auf das Einsatzboot zielte, nicht Folge geleistet und die Schutzsuchenden nicht an diese übergeben habe. Die SEA-EYE 4 hatte während des Einsatzes insgesamt 84 Menschen aus Seenot gerettet. Erst im Februar dieses Jahres hatte das oberste italienische Berufungsgericht die Übergabe von Menschen an die sogenannte libysche Küstenwache als Straftat eingestuft, da das Bürgerkriegsland Libyen aufgrund schwerer Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Sklaverei, Vergewaltigungen und willkürlichen Hinrichtungen kein sicherer Ort sei. Die 60-tägige Festsetzung der SEA-EYE 4 war die bislang längste Verwaltungshaft gegen ein Seenotrettungsschiff, die aufgrund des sogenannten Piantedosi-Dekrets verhängt wurde. Das Anfang 2023 in Italien in Kraft getretene Gesetz schreibt Schiffen beispielsweise vor, nach einer erfolgten Rettung sofort mit der italienischen Leitstelle Kontakt aufzunehmen und sich einen Hafen zuweisen zu lassen, ohne auf weitere Notrufe zu reagieren. 

Allein zwischen Juni 2023 und Juni 2024 wurde die SEA-EYE 4 insgesamt 120 Tage in Italien festgesetzt. Sea-Eye hat schon mehrmals gegen rechtswidrige Festsetzungen geklagt. Die Urteile verzögern sich oft um mehrere Jahre: Insgesamt sind derzeit noch fünf weitere Gerichtsverfahren anhängig. Die Prozesse sind für den eingetragenen Verein mit hohen Kosten und zusätzlichen Aufwand verbunden. Der nächste Gerichtstermin für eines der laufenden Verfahren findet am 20. Juni statt – es geht um die bereits fast vier Jahre zurückliegende Festsetzung der ALAN KURDI. Das Rettungsschiff war vor der SEA-EYE 4 für den Verein im Einsatz und hat zwischen 2018 und 2021 insgesamt 927 Menschen aus Seenot gerettet.

Sea-Eye und United4Rescue schicken Rettungskreuzer NIS RANDERS als SEA-EYE 5 in den Einsatz 

Der ehemalige Rettungskreuzer NIS RANDERS der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) wird zukünftig als viertes United4Rescue-Bündnisschiff im Mittelmeer Leben retten. Mit dem schnellen, eigens für die Seenotrettung konstruierten Schiff reagieren United4Rescue und Sea-Eye auf den politischen Druck und neu geschaffene Hürden für die zivile Seenotrettung. Zur Finanzierung des Kaufs startet United4Rescue heute eine Spendenkampagne.

Nach dem gemeinsamen Kauf der SEA-EYE 4 im Jahr 2021 schicken Sea-Eye e.V. und United4Rescue ein weiteres Bündnisschiff aufs Mittelmeer: Die NIS RANDERS, einen ehemaligen Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Das Schiff wird in den kommenden Wochen überholt, auf den Namen SEA-EYE 5 getauft und soll noch in diesem Sommer in den ersten Einsatz starten. Der Rettungskreuzer ist eine Antwort auf die stetig zunehmenden Hürden, mit denen die zivile Seenotrettung aus politischen Gründen massiv behindert wird – wie beispielsweise die Zuweisung weit entfernter Häfen oder die Reform der Schiffssicherheitsverordnung.

„Während Italien unsere Arbeit durch weit entfernte Häfen und Festsetzungen erschwert, wird in Deutschland weiter an einer Reform der Schiffssicherheitsverordnung gearbeitet, um den Einsatz von Kleinfahrzeugen und Freizeitschiffen zur Seenotrettung einzuschränken. Auch in Zukunft müssen wir mit Erschwernissen rechnen. Deshalb setzen wir zusammen mit unseren Partnerorganisationen ein Zeichen und entsenden einen Seenotrettungskreuzer, dessen Eignung weder in Italien noch in Deutschland angezweifelt werden kann. Die NIS RANDERS wurde nur für einen einzigen Zweck gebaut: die Rettung von Menschenleben“, betont Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Um den Kaufpreis von rund 465.000 Euro zu finanzieren, hat das von der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) initiierte und von über 900 Partnern getragene zivilgesellschaftliche Bündnis United4Rescue eine Spendenkampagne ins Leben gerufen, die heute startet. Die SEA-EYE 5 wird das vierte Bündnisschiff von United4Rescue, das auf dem Mittelmeer Menschenleben retten wird.

„Es sind stürmische Zeiten – auch für die zivile Seenotrettung. Unsere Bündnisschiffe sind starkem politischen Gegenwind und ständigen Schikanen der Behörden ausgesetzt. Der Rettungskreuzer ist unsere Antwort darauf. Niemand kann ernsthaft die Tauglichkeit eines deutschen Rettungsschiffs in Frage stellen”, erklärt Sandra Bils, Vorstandsmitglied von United4Rescue. “Das neue Schiff ist eigens für die Hochseerettung konstruiert, kann Seenotfälle besonders schnell erreichen und ist dazu kosteneffizient. In politisch schwierigen Zeiten machen wir damit deutlich, wofür wir als gesellschaftliches Bündnis stehen: für Menschlichkeit und die rechtliche und humanitäre Pflicht zur Seenotrettung.“

Der Umbau des Schiffs, die ersten Einsätze und ein Teil der dauerhaften Finanzierung werden durch zwei langfristige Darlehen der GLS Bank sowie eine Crowd-Kampagne ihres Kooperationspartners, der GLS Crowd, abgebildet. Die Ausstattung und den Betrieb der Krankenstation ermöglicht German Doctors e.V als langjährige Partnerorganisation von Sea-Eye und United4Rescue.

Über das Schiff:

Die NIS RANDERS/SEA-EYE 5 ist ein schnelles und flexibel einsetzbares Rettungsschiff. Sie wurde 1990 von der Schweers-Werft in Berne-Bardenfleth gebaut und gehört zur 23,3-Meter-Klasse, einer Serie von sieben Seenotkreuzern der DGzRS. Die NIS RANDERS war bis 2018 vor Maasholm an der schleswig-holsteinischen Küste im Einsatz und wurde weitere zwei Jahre von der DGzRS ohne feste Station betrieben. Zuletzt befand sich das Schiff in Privatbesitz. 

Vor dem ersten Einsatz im zentralen Mittelmeer wird die SEA-EYE 5 überholt und technisch modernisiert. Für die Rettung von Menschen in Seenot wird ein Tochterboot in einer Heckwanne mitgeführt, das automatisch ein- und ausgefahren werden kann. Darüber hinaus verfügt das Schiff über einen Schlepphaken, mobile Rettungsgeräte sowie eine umfangreiche Navigations- und Funkausrüstung.

Italienische Behörden weisen dem Schiff nach der Rettung den über 600 Seemeilen entfernten Hafen in Genua zu

In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai 2024 informierte die Initiative Alarm-Phone die zuständigen Behörden und das Rettungsschiff SEA-EYE 4 über einen Seenotfall in der maltesischen Such- und Rettungszone. Gegen 2 Uhr erreichte die Besatzung der SEA-EYE 4 das in Seenot geratene Schlauchboot und evakuierte die 51 Insassen.

„Unmittelbar nach Ankunft auf dem Schiff  waren die meisten der geretteten Menschen sehr erschöpft, unterkühlt und litten an Seekrankheit. Inzwischen hat sich ihr Zustand deutlich gebessert und alle Geretteten befinden sich zumindest physisch in stabiler und relativ guter Verfassung”, erklärt Dr. Daniela Klein, Bordärztin auf der SEA-EYE 4 für German Doctors e.V.

Julie Schweickert, Einsatzleiterin an Bord der SEA-EYE 4, betont: „Wir fanden ein überfülltes Schlauchboot vor, das von den Wellen hin und her getrieben wurde. Die Rettung verlief ohne Probleme und wir sind nun mit den 51 Überlebenden auf dem Weg nach Genua im Nordwesten Italiens. Dort werden wir voraussichtlich am Sonntag ankommen – das sind fast vier Tage, um einen weit entfernten Hafen zu erreichen. Obwohl es in Süditalien genug sichere Häfen gibt, die in der Lage sind, Menschen auf der Flucht aufzunehmen, müssen wir die Such- und Rettungszone verlassen und können nicht auf weitere Notfälle reagieren.”

Die italienischen Behörden weisen den zivilen Seenotrettungsschiffen immer wieder Häfen mit langen Anfahrtszeiten zu.  Nachdem die SEA-EYE 4 am 20. Mai zuletzt 52 Menschen aus Seenot gerettet hatte, musste das Schiff Ravenna in der Region Emilia-Romagna ansteuern. Der Hafen lag rund 900 Seemeilen vom Einsatzort entfernt.

Das Seenotrettungsschiff brachte die Überlebenden in Ravenna (Italien) an Land

Die SEA-EYE 4 hat am Samstag, den 25. Mai 2024, den Hafen von Ravenna verlassen und kehrt wieder in ihr Einsatzgebiet im zentralen Mittelmeer zurück. Am selben Tag hatte die Besatzung 52 Menschen, die sie am Pfingstmontag aus Seenot gerettet hatte, auf dem italienischen Festland in Sicherheit gebracht. Bei dem Einsatz war die SEA-EYE 4 einem Notruf des Seenotrettungsschiffs MARE*GO gefolgt, das ein seeuntüchtiges und überfülltes Fiberglasboot entdeckt hatte. Nach der Rettung wiesen die italienischen Behörden der SEA-EYE 4 den 900 Seemeilen entfernten Hafen von Ravenna in der Region Emilia-Romagna zu.

Wir haben auf der SEA-EYE 4 die Kapazität, deutlich mehr Menschen in Not zu helfen. Aber durch das Piantedosi-Dekret werden wir unter der Androhung von Strafen gezwungen, das Einsatzgebiet zu verlassen und einen weit entfernten Hafen anzusteuern. Trotz aller Hürden werden wir nicht aufhören, Menschenleben zu retten: Daher ist die SEA-EYE 4 sofort wieder in den Einsatz zurückgekehrt“, erklärt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Das sogenannte Piantedosi-Dekret erschwert die Arbeit der zivilen Seenotrettung massiv. Es schreibt den Rettungsschiffen beispielsweise vor, nach einem Einsatz direkt einen von den Behörden vorgeschriebenen Hafen anzufahren. In der Vergangenheit wurde die SEA-EYE 4 auch deshalb festgesetzt, weil die Besatzung trotz der Zuweisung eines Hafens weitere Menschen aus Seenot rettete. Verstöße werden mit Geldstrafen und Festsetzungen geahndet. Das Dekret widerspricht dem internationalen Seerecht, das Schiffe grundsätzlich verpflichtet, Menschen in Seenot zu helfen.