SEA-EYE 4

Einsätze der SEA-EYE 4 in zweiter Jahreshälfte gefährdet

Auf Initiative der Seebrücke Frankfurt hat die Stadt am 21.06.2023 beschlossen, die Rettungseinsätze der SEA-EYE 4 im Mittelmeer mit 20.000 Euro zu fördern. 2021 war Frankfurt dem Bündnis „Städte Sichere Häfen“ beigetreten. Die Seebrücke Frankfurt sah damit auch die Stadt in der Pflicht, Taten folgen zu lassen und Rettungseinsätze aktiv zu unterstützen. Der Sprecher der Seebrücke Frankfurt, Andreas Werther, zeigte sich der Frankfurter Rundschau gegenüber enttäuscht und hätte sich angesichts von 2,6 Milliarden Euro Gewerbesteuer, die die Stadt im vergangenen Jahr eingenommen hätte, eine höhere Fördersumme gewünscht.

Die Spendeneinnahmen der ersten Jahreshälfte reichen nicht aus, um die Rettungseinsätze der SEA-EYE 4 im zweiten Halbjahr vollständig zu finanzieren. Deshalb sind alle geplanten Einsätze gefährdet und können nur mit ausreichender finanzieller Unterstützung stattfinden. Die Festsetzung der SEA-EYE 4 in Ortona durch die italienischen Behörden führte bereits zur Absage der dritten Mission des Jahres.

Angesichts tausender verlorener Menschenleben im Mittelmeer, muss man sich klarmachen, dass die Seenotrettung im Mittelmeer noch viel stärker unterstützt werden muss. Deshalb sind wir den Menschen von Frankfurt dafür dankbar, dass sie politischen Worten konkrete Taten folgen lassen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Immer wieder erschüttern uns die Nachrichten über gekenterte Boote im Mittelmeer mit hunderten Geflüchteten an Bord. Das zeigt, wie dringlich das Thema Seenotrettung auf allen Ebenen sein müsste. Allerdings wird die weitere Abschottung der EU, die durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems voranschreitet, wohl eher weiteres Leid auslösen und die Entrechtung von Geflüchteten verschärfen, statt solche Dramen zu verhindern. Die zivile Seenotrettung hat sich zum Ziel gesetzt, das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden und so viele Leben wie möglich zu retten. Dies wollen wir als Stadt Frankfurt mit unserem Etatantrag unterstützen“, sagt Tina Zapf-Rodríguez, Fraktionsvorsitzende und Geschäftsführerin von Die Grünen im Römer.

World Refugee Day 2023

Listen to refugees, not only today!

Together with ‚Refugees in Libya‘ we would like to share two testimonies of refugees in Libya with you so that you can get a small glimpse of the inhumane conditions refugees face in Libya everyday.

TESTIMONY 1

This woman, Habiba, a mother of four, is sleeping under a tree on the road near the Office of the UNHCR Tripoli al-Sarraj.

Ben London (co-founder of ‚Refugees in Libya‘): Hello sweetheart, you said you don’t have a home and right now you’re sleeping under the tree here near the UNHCR office. Where is your husband and what is your story?

Habiba: My husband has a broken hand, he can’t work, and you know the situation in Libya when you lose a limb or it breaks and you have a family. We don’t have a house and we don’t even have anything to eat or drink, honestly we are very tired now in the middle of the day and my children haven’t eaten anything yet, either the UNHCR go and stand in front of the door, we are evicted and no one hears us sometimes they give us numbers, tell us call here or send messages, I mean send your order here. Some of us don’t know how to use the phone, sometimes you call, but no one answers.

Woman with child

Ben London: Now you have been here for a week. What have the people of UNHCR told you?

Habiba: When I tried to talk to them, they didn’t tell me anything. They just gave me an appointment for 7 July 2023.

Ben London: Are you new here?

Habiba: No, it has been two years since my registration with the UNHCR, but the agency has not done anything for us, yet.


TESTIMONY 2

This man with a broken leg lives on the street near UNHCR office in Tripoli Sarraj neighborhood

Ben London: You are sleeping here outside the UNHCR office. What’s your story?

Man: I’m a refugee with a broken leg. I live on the street, registered with UNHCR since 2021. I have not found any help from UNHCR since then.

I need surgery for my leg and I need shelter. I did not get a response or the simplest human rights. There is no food or water and I am very tired. In general, I want to have an urgent operation and treatments. Because we are poor, we need help and we need attention because we are sleeping on worn mattresses and on the floor.

Man with brocken leg

Both testimonies were translated from Arabic to English.


We thank ‚Refugees in Libya‘ for collecting the testimonies and sharing them with us. We would also like to point out the demands of ‚Refugees in Libya‘ here.

🟠 Evacuation of Refugees from Libya and Tunisia to safe countries

🟠 Freedom and evacuation of the 250 refugees, who are still imprisoned in Ain Zara detention camp in Libya since the mass protests in 2021

🟠 Fair treatment by UNHCR for all refugees in Libya and other North African countries

🟠 Put an end to the financing of the so-called Libyan Coast Guard and detention camps by the EU and European countries

🟠 Justice for those who have been murdered, tortured or arbitrarily detained

🟠 Libya should sign the 1951 Geneva Refugee Convention

🟠 Recognition of ‚Refugees in Libya‘ as an organisation to represent these demands and to have regular talks with UNHCR and other institutions.

Erneut wurde gemeldet, dass ein Boot mit bis zu 400 Flüchtenden an Bord vor der griechischen Küste gesunken ist. Bisher sind 78 Menschen tot geborgen und 104 gerettet worden. Bei den restlichen Menschen muss vom Schlimmsten ausgegangen werden.

Der Seenotfall war laut Medienberichten bereits am Vortag von einem Frontex-Flugzeug gefunden worden. Dennoch kam die Hilfe für dutzende Menschen viel zu spät. Wieder einmal zeigt sich, dass Frontex schutzsuchende Menschen an der EU-Außengrenze aufhalten soll und nicht für den Schutz von Menschenleben da ist.

Ertrunken sind diese Menschen, die aus dem Bürgerkriegsland Libyen geflohen sind, in einer Zeit, wo die EU-Politik ihre Abschottung massiv verstärkt und Italien drei Rettungsschiffe festgesetzt hält, darunter die SEA-EYE 4. Seit Jahren fordert Sea-Eye, das Menschenrecht auf Leben und das Asylrecht zu achten. Dafür ist unabdingbar, dass endlich sichere Fluchtrouten eingerichtet werden.

SEA-EYE 4

Seenotretter*innen warnen vor Festsetzung aller Rettungsschiffe

Am Sonntagnachmittag wandte sich die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und das Auswärtige Amt mit der eindringlichen Bitte um Hilfe. Zuvor hatten die italienischen Behörden die deutschen Rettungsschiffe SEA-EYE 4 von Sea-Eye e. V. und MARE*GO von Zusammenland gUG festgesetzt.

Beide Schiffe retteten in der vergangenen Woche insgesamt 86 schutzsuchende Menschen aus seeuntüchtigen Booten. In beiden Fällen wurden die Schiffe jeweils mit 20 Tagen Verwaltungshaft bestraft. Der SEA-EYE 4 wird vorgeworfen, die Anfahrt zum von den italienischen Behörden zugewiesenen Ausschiffungshafen Ortona unterbrochen zu haben, um weitere Menschen aus Seenot zu retten, statt den Kurs wie gefordert beizubehalten.

Wir können keine Notrufe ignorieren. Deshalb haben wir den Kurs geändert“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Bei Wiederholung drohen den Seenotretter*innen nun noch härtere Strafen. Sollte die SEA-EYE 4 auf einer zukünftigen Mission erneut weitere Rettungen durchführen, obwohl die italienische Rettungsleitstelle bereits einen Ausschiffungshafen zugewiesen hat, so können hohe Bußgelder und eine weitere Festsetzung für bis zu sechs Monate verhängt werden. Bei einer weiteren Wiederholung soll ein Rettungsschiff nach dem neuen italienischen Gesetz vom 24.02.2023 dann sogar unbefristet festgesetzt werden können.

Dieses Gesetz könnte die zivile Seenotrettung vollständig lahmlegen, wenn die italienischen Behörden es weiter so anwenden. Denn schließlich werden wir keine Notrufe ignorieren, um Festsetzungen zu verhindern. Uns vor diese Wahl zu stellen, ist menschenverachtend und verantwortungslos“, sagt Isler weiter.

In einer Nachricht an Bundesaußenministerin Baerbock und das Auswärtige Amt bat Sea-Eye darum, sich dafür einzusetzen, dass

1. zivile Rettungsschiffe nicht dafür festgesetzt werden dürfen, dass sie mehrere Rettungseinsätze durchgeführt haben,

2. die Festsetzungen der SEA-EYE 4 und der MARE*GO aufgehoben werden und von Bußgeldern abgesehen wird,

3. die zivilen Rettungsschiffe von italienischen und maltesischen Behörden optimal eingesetzt werden, um möglichst viele Menschenleben zu retten,

4. die durch Spenden finanzierten Ressourcen ziviler Seenotrettungsorganisationen nicht vergeudet werden, indem die Schiffe in weitentfernte Häfen geschickt werden, um deren Einsatzzeit in der libyschen und maltesischen Such- und Rettungszone zu reduzieren und

5. die maltesische Rettungsleitstelle ihre Koordinierungspflichten für flüchtende Menschen in Seenot wieder wahrnehmen muss, um weitere Todesopfer zu vermeiden.

Wir haben nun einen Zeitpunkt erreicht, an dem noch verhindert werden kann, dass in wenigen Monaten alle zivilen Rettungsschiffe wegen zu vieler Rettungseinsätze längerfristig festgesetzt worden sind“, heißt es abschließend in der Nachricht an das Auswärtige Amt.

Sea-Eye wird Rechtsmittel gegen den Festsetzungsbescheid einlegen. Dazu hat die Organisation 60 Tage Zeit. Eine zeitnahe Entscheidung ist jedoch unwahrscheinlich, da Verfahren vor italienischen Verwaltungsgerichten aufwendig und langwierig sind.

Italienische Küstenwache bestraft SEA-EYE 4 mit 20 Tagen Verwaltungshaft für die Rettung von 32 Menschenleben

Am Freitagabend erklärte die italienische Küstenwache gegenüber der italienischen Presse, dass die deutschen Seenotrettungsschiffe SEA-EYE 4 und MARE*GO für 20 Tage festgesetzt worden sind. Kurze Zeit später wurde auch Sea-Eye mit einem Verweis auf ein neues italienisches Gesetz vom 24.02.2023 darüber informiert, dass die SEA-EYE 4 für 20 Tagen in Ortona festgesetzt wird, weil sie in einem Rettungseinsatz 32 Menschenleben gerettet hat.

Laut italienischer Küstenwache wird die Festsetzung damit begründet, dass das Schiff nach der Rettung von 17 Menschen in der libyschen Such- und Rettungszone 32 weitere Menschen in der maltesischen Such- und Rettungszone rettete und nicht so schnell wie möglich den Hafen von Ortona angefahren habe. Die SEA-EYE 4 brach die Anfahrt auf Ortona am Dienstagabend ab und wendete, weil es einen Notruf von einem Boot mit über 400 Menschen in der maltesischen Such- und Rettungszone gab. Das Boot wurde schließlich vom zivilen Suchflugzeug SEABIRD gesichtet. Die Betreiberorganisation Sea-Watch berichtete auf Twitter darüber. Da kein staatlicher Akteur die Koordinierung des Seenotfalls bestätigte und Malta seit vielen Monaten keine Seenotfälle von schutzsuchenden Personen in der maltesischen Such- und Rettungszone koordiniert, war der zusätzliche Rettungseinsatz für Sea-Eye alternativlos.

Holzboot

Auf der Suche nach den 400 Menschen erhielt die SEA-EYE 4 den Notruf eines Segelbootes, das 32 Menschen auf einem seeuntüchtigen Boot entdeckt hatte. Das Sea-Eye Rettungsschiff brachte die Menschen darauf an Bord in Sicherheit.

In der Nacht zum Mittwoch suchte die SEA-EYE 4 weiter nach den 400 Menschen, die die italienische Such- und Rettungszone schließlich aus eigener Kraft erreichten und erst dort, kurz vor Sizilien, von der italienischen Küstenwache gerettet worden sind.

Es ist deshalb falsch, dass die italienische Küstenwache behauptet, dass bereits ein Patrouillenboot unterwegs gewesen sei. Die Menschen mussten erst aus eigener Kraft die italienische Such- und Rettungszone erreichen, um dort Hilfe zu erhalten. Uns nun dafür zu bestrafen, dass wir uns an internationale Gesetze halten, wird allein mit dem neuen italienischen Gesetz begründet, das dazu dient, zivile Rettungsschiffe schnell aus dem Einsatzgebiet zu entfernen und weit entfernte Häfen anfahren zu lassen, um die Ankünfte von schutzsuchenden Menschen so weit wie möglich zu reduzieren“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Holzboot

Die Festsetzung der SEA-EYE 4 verhindert nun einen weiteren Rettungseinsatz des Schiffes, obwohl das laufende Jahr tödlicher und gefährlicher für schutzsuchende Menschen ist, als die vergangenen fünf Jahre zuvor.

Die neue Strategie Italiens ist perfide und durchsichtig. Die langen Anfahrten zu zugewiesenen, weit entfernten Häfen werden immer wieder dazu führen, dass wir auf dem Weg dorthin entscheiden müssen, ob wir auf weitere Notrufe reagieren. Natürlich tun wir das und das führt dann zu dem Vorwurf, dass wir italienische Gesetze brechen. Auch wenn diese Gesetze erst wenige Monate alt sind, erzeugt dies den öffentlichen Eindruck, dass unser Verhalten illegal sei. Es ist ein weiterer, verwerflicher Versuch, die Seenotrettung und die Flucht selbst zu kriminalisieren, um immer brutaleres, staatliches Agieren zu rechtfertigen“, sagt Isler weiter.

Befürchtete Strafe bisher ausgeblieben

Am Freitagvormittag legte das Rettungsschiff SEA-EYE 4 im Hafen von Ortona an und die 49 sich an Bord befindlichen geflüchteten Menschen konnten an Land gehen. Die Crew hatte am vergangenen Sonntag 17 Personen und am Mittwoch 32 Personen aus seeuntüchtigen Holzbooten gerettet.

Da die italienischen Behörden im Februar bereits ein Rettungsschiff festsetzten und eine Geldstrafe verhängten, weil das Schiff mehrere Rettungen durchgeführt hatte, ist Sea-Eye in Sorge, dass auch die SEA-EYE 4 festgesetzt und eine Strafzahlung verhängt werden könnte. Bisher haben die Behörden keine Maßnahmen dahingehend angekündigt, allerdings können auch noch viele Wochen später Strafen verhängt werden. 

Abschied in Ortona

Unsere Crew und die geflüchteten Menschen wurden von den örtlichen Behörden freundlich empfangen, wofür wir sehr dankbar sind. Aber auch wenn wir heute die staatliche Repression nicht unmittelbar spürten, ist es doch unerträglich, dass sich Seenotretter*innen stets der Gefahr ausgeliefert sehen, kriminalisiert und bestraft zu werden”, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.