SEA-EYE 4 Besatzung rettet 57 Menschen. Zwei Menschen überleben die Flucht nicht.

Am Dienstagnachmittag informierte Alarmphone die zuständigen Behörden und das Rettungsschiff SEA-EYE 4 über einen Seenotfall. Ein Boot mit 59 Menschen rief in der maltesischen Such- und Rettungszone um Hilfe. Die Crew der SEA-EYE 4 konnte das Boot am Dienstagabend nach einer fünfstündigen Suche gegen 19 Uhr finden.

Es handelte sich um ein überfülltes, zweistöckiges Holzboot. Die erste Beurteilung durch die Besatzung des Rettungsbootes MOCHARA ergab, dass vier Personen unter Deck bewusstlos waren. Damit die Rettungscrew zu ihnen vordringen konnte, mussten zunächst die Menschen auf dem Oberdeck evakuiert werden. Zwei Menschen konnten schließlich nur noch tot geborgen werden.

Da sich der Gesundheitszustand weiterer Personen drastisch verschlechterte, bat die Einsatzleiterin Julie Schweickert in den Rettungsleitstellen von Rom und Valletta um die Evakuierung von vier Überlebenden. Die schwer verletzten Personen zeigten Symptome schwerer Kraftstoffvergiftungen. Die Betroffenen, die sich auf dem Boot unter Deck befunden hatten, konnten sich den giftigen Kraftstoffdämpfen nicht entziehen und hatten dadurch ihr Bewusstsein verloren. Für die beiden verstorbenen Personen konnte das gemeinsame medizinische Team von German Doctors e.V. und Sea-Eye e.V. keine eindeutige Todesursache feststellen.

Wir vom medizinischen Team sind sehr traurig, dass zwei Menschen die Flucht nicht überlebt haben. Nach der dringenden Evakuierung eines Patienten mit einem Helikopter nach Malta waren wir im Bordhospital die ganze Nacht in einem intensiven Einsatz, um den Zustand von drei weiteren schwerverletzten Patient*innen zu stabilisieren. Wir sind froh, dass uns dies bis zur Evakuierung der drei Menschen in den Morgenstunden auf Lampedusa gelungen ist“, sagt Dr. Gerd Klausen, Bordarzt auf der SEA-EYE 4 für German Doctors e.V.

Die maltesischen Streitkräfte evakuierten gegen 2 Uhr in der Nacht zum Mittwoch eine schwer verletzte Person mit einem Helikopter. Die SEA-EYE 4 folgte dann einem Schiff der italienischen Küstenwache nach Lampedusa, um dort drei weitere Notfallpatienten zu evakuieren.

Unser Einsatzjahr startete mit einer sehr tragischen Rettungsmission. Man muss sich klarmachen, wie grausam es ist, unter Deck gefangen und toxischen Dämpfen ausgeliefert zu sein. Die Bergung der Überlebenden und die zeitnahe Evakuierung der schwer verletzten Patient*innen rettete den meisten Menschen an Bord das Leben. Unfassbar traurig sind wir über den Verlust von zwei Menschenleben, für die jede Hilfe zu spät kam. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen“, sagt Jan Ribbeck, Head of Search and Rescue operations bei Sea-Eye e.V.

Für die Ausschiffung der verbliebenen 53 Überlebenden und zwei Toten an Bord wiesen die italienischen Behörden der SEA-EYE 4 den sizilianischen Hafen von Porto Empedocle zu. Die SEA-EYE 4 wird Porto Empedocle voraussichtlich am Donnerstag gegen 10 Uhr erreichen.

Unterstützung aus Kommunen und Städten gibt Sea-Eye Rückhalt

Am Freitagmorgen (den 23.02.2024) ist das Rettungsschiff SEA-EYE 4 aus der spanischen Hafenstadt Burriana in seinen ersten Einsatz des Jahres aufgebrochen. Das Schiff absolvierte dort in den vergangenen Wochen ein planmäßiges Wartungsintervall.

Unterstützt wird der erste Einsatz durch eine kommunale Zuwendung in Höhe von 20.000€ von der Stadt Osnabrück. Die Stadt Mannheim verlängerte derweil ihre kommunale Patenschaft für die SEA-EYE 4 und verdoppelte den Zuwendungsbetrag von 5.000€ auf 10.000€ pro Jahr. Die Stadt Bern entschied, die Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e.V. in diesem Jahr mit 70.000 Schweizer Franken zu unterstützen. Bern ist damit die erste Stadt außerhalb Deutschlands, die eine Patenschaft für ein Sea-Eye Schiff beschlossen hat, und wird dazu am 27.02.2024 eine Veranstaltung in Bern durchführen.

Die Unterstützung aus den Kommunen gibt uns großen Rückhalt. Dafür sind wir sehr dankbar. Die kommunale Patenschaft ist ein konkreter Weg aus einer andauernden Solidaritätskrise. Die Kommunen machen so deutlich, dass unsere humanitäre Arbeit weiter von einem breiten, gesellschaftlichen Bündnis getragen wird“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Die kommunalen Förderungen stehen in Kontrast zu einem Gesetz, das die Bundesregierung im Januar beschlossen hat. Expert*innen warnten zuletzt ausdrücklich davor, dass durch das Rückführungsverbesserungsgesetz ausgerechnet die Rettung unbegleiteter Kinder kriminalisiert und strafrechtlich verfolgt werden könnte. Sea-Eye hat deshalb an diesem Mittwoch den Bundesjustizminister und die Bundesinnenministerin angeschrieben und um eine rechtliche Klarstellung gebeten.

Auch in diesem Jahr haben sich die Organisationen Sea-Eye e.V. aus Regensburg und German Doctors e.V. aus Bonn zu einer Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit entschieden. Die Kooperation beider Organisationen geht damit ins vierte Jahr.

Auf der ersten Mission der SEA-EYE 4 in diesem Jahr wird unser German Doctor Gerd Klausen gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der medizinischen Bordcrew für die Gesundheit der auf dem Mittelmeer Geretteten sorgen. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Gerd Klausen einen sehr erfahrenen Allgemeinmediziner an Bord haben, der sich ehrenamtlich in der Seenotrettung engagiert und diesen für die Menschen so wertvollen Einsatz leistet“, sagt Dr. Harald Kischlat, Vorsitzender von German Doctors e.V.

Die SEA-EYE 4 wird ihr Einsatzgebiet voraussichtlich in der Mitte der kommenden Woche erreichen.