Sicherheit und Rettung, ja! Hotspot und Militarisierung, nein!

Wir sind beeindruckt von der Initiative des Bürgermeisters von Lampedusa und Linosa, Totò Martello, der die Inseln auf einen „Weg für den Frieden“ führen will – ein visionärer Prozess für Menschlichkeit, der auch alle zivilen Akteur*innen auf See einbezieht.

Wir glauben an Lampedusa als „rettende Insel“, als natürlichen Landeplatz für Tausende von Frauen, Männern und Kindern, die das Meer überqueren, um zu migrieren oder vor unmenschlichen Bedingungen zu fliehen. Aber wir müssen zwei wichtige Dinge unterscheiden und voneinander trennen: Menschen zu retten bedeutet nicht, Menschen in Lagern oder Hotspots zu halten. Wie wir an der Behandlung von Flüchtlingen aus der Ukraine sehen können, ist es eine mögliche politische Entscheidung, Menschen sich frei in ganz Europa bewegen zu lassen, wo sie Verwandte und Freunde oder andere Kontakte haben, die es ihnen ermöglichen, aufgenommen zu werden und auf die bestmögliche Weise zu leben. 

Wir sehen, wie schrecklich die gegenteilige Situation sein kann, wie z. B. auf den griechischen Inseln wie Lesbos oder Samos, wo Menschen auf der Flucht in riesigen Lagern monatelang oder sogar jahrelang festgehalten werden und wo eine permanente Krisensituation politisch und künstlich geschaffen wird. Das Hotspot-System – die Umwandlung von Grenzinseln in militarisierte Notstandsgebiete – kann niemals akzeptiert werden. Und in Lampedusa sollte es durch den „Weg zum Frieden“ überwunden werden.

Als konkreten Schritt in diese Richtung unterstützen wir die Forderung des Bürgermeisters, die Quarantäneschiffe in Fähren umzuwandeln. Die italienische Regierung hat den Einsatz der Quarantäneschiffe bis zum 30. April 2022 verlängert. Für diese Schiffe gab es nie einen triftigen sanitären Grund zur Bekämpfung der Pandemie. Vielmehr wurden sie als schwimmende Hotspots genutzt. Sie verschärfen die Diskriminierung bei der Behandlung von Migranten, die auf dem Meer gerettet werden oder nach langen und gefährlichen Überfahrten an der italienischen Küste ankommen, auch in Bezug auf Covid. Der Vorschlag des Bürgermeisters, sie wieder als Fähren zu nutzen, um die rasche Überführung der Menschen nach Sizilien zu erleichtern und die Vermehrung permanenter Notsituationen auf der Insel zu vermeiden, ist von entscheidender Bedeutung, um das Recht auf Rettung mit dem Recht auf rasche Umsiedlung und menschenwürdige Aufnahme zu verbinden, auch wenn es sich um eine große Anzahl handelt.

Wir brauchen ein einladendes Lampedusa und nicht eine militarisierte Insel mit einem geschlossenen Flüchtlingslager. Wir brauchen und fordern einen friedlichen Anlande- und Überbrückungspunkt in der Mitte des Mittelmeers.

Daher rufen wir alle Menschenrechtsorganisationen und alle Migrantenrechtsorganisationen auf, die Veranstaltung am 28. April zu unterstützen und mit realen und digitalen Sirenen den Beginn des „Wegs zum Frieden“ durch die Gemeinde Lampedusa und Linosa und ihren Bürgermeister zu verstärken.

Unterschriften:
Alarm Phone
MEDITERRANEA Saving Humans
Borderline Europe
EMERGENCY ong onlus
IUVENTA Crew
Louise Michel
MSF
Mission LIFELINE
R24sailtraining
RESQSHIP
Salvamento Maritimo Humanitario
SARAH Seenotrettung 
SEA EYE e.V.
SEEBRÜCKE

Rettungsschiff SEA-EYE 4 bricht in den nächsten Einsatz auf

Das Rettungsschiff SEA-EYE 4 brach am Freitagnachmittag, den 22. April 2022, zur zweiten Rettungsmission in diesem Jahr auf. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in 2022 bereits 561 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer gestorben.

Man würde es dieser Tage in Berlin als beispiellose Schande bezeichnen, wenn in diesem Jahr 561 ukrainische Menschen auf ihrer Flucht und auf der Suche nach Schutz an den Grenzen der Europäischen Union gestorben wären. Regierungen müssten sich erklären, Rücktrittsforderungen wären zu hören, von politischem Totalversagen wäre die Rede. Es braucht sichere Fluchtwege für alle Menschen, die Schutz benötigen!“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

SEA-EYE 4

EU-Mitgliedsstaaten würden doch auch keine bewaffneten Milizen ausrüsten und dafür bezahlen, um Ukrainer*innen von der Flucht aus der Ukraine in die Europäische Union abzuhalten. Aber genau dies geschieht jeden Tag anderen Schutzsuchenden, indem die EU die sogenannte libysche Küstenwache und selbst modernste Militärtechnologie einsetzt, um Menschen von der Flucht aus Libyen abzuhalten oder Zurückweisungen dorthin zu koordinieren“, so Isler.

Sea-Eye und German Doctors fordern anlässlich der insgesamt sechsten Rettungsmission der SEA-EYE 4 die Bundesregierung ausdrücklich dazu auf, alle flüchtenden Menschen gleich zu behandeln und dies auch bei allen anderen europäischen Mitgliedsstaaten einzufordern. Die Menschenrechte gelten universell für alle Menschen, ungeachtet ihrer nationalen oder sozialen Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sonstigen Attributen. Das bedeutet, dass die EU-Mitgliedsstaaten sofort eine staatliche Rettungsmission im Mittelmeer einsetzen müssen und jede Kooperation mit der sogenannten libyschen Küstenwache beendet werden muss.

SEA-EYE 4

Unterstützt wird der 6. Einsatz des Bündnissschiffes SEA-EYE 4 wiederholt von der Bonner Hilfsorganisation German Doctors e.V.

Auch diese Mission unterstützten wir aus vollster Überzeugung sowohl finanziell als auch personell. Wir freuen uns, die sehr erfahrene Notfallmedizinerin und German Doctors-Einsatzärztin Dr. Daniela Klein zum dritten Mal auf die SEA-EYE 4 entsenden zu dürfen. Sie und wir alle sehen es als unsere moralische Pflicht, Menschen in Not zu helfen – ungeachtet ihrer Herkunft oder sonstigen Unterscheidungsmerkmalen. Das tut unser Verein in Ländern des globalen Südens, in Griechenland, der Ukraine und auch auf dem Mittelmeer, solange es nötig ist und wir die dafür notwendige Unterstützung erhalten. Selbstverständlich hoffen wir, dass die Politiker*innen das Leiden auf dem Mittelmeer schnellstmöglich beenden, ebenso wie in der Ukraine und an allen anderen von Leid überschatteten Orten der Welt“ sagte Dr. Harald Kischlat, Vorstand von German Doctors e. V.

Embarkation Training

Die Bonner Hilfsorganisation verantwortet die medizinische Versorgung der Flüchtenden auf der SEA-EYE 4. Regelmäßig sind auch ein Einsatzarzt oder eine Einsatzärztin an Bord des Rettungsschiffs.

Köln Rettet

Auftaktveranstaltung der Kampagne „Köln Rettet“

Am Donnerstag, den 21. April 2022, um 19:00 Uhr eröffnete die Lokalgruppe Sea-Eye-Köln zusammen mit dem Kölner Spendenkonvoi die Auftaktveranstaltung der Kampagne „Köln Rettet“ im Bürgerhaus Mülheim in Köln. Die Kampagne geht zurück auf die Bereitstellung von Mitteln im Haushalt der Stadt Köln durch die Ratspolitik, mit denen die Seenotrettung im Mittelmeer mit einer konkreten Schiffspatenschaft über 10.000 € im Jahr für einen Zeitraum von vier Jahren unterstützt werden soll.

Es gibt bis heute keine legalen und sicheren Fluchtwege nach Europa. Über die Fluchtrouten riskieren Schutzsuchende ihr Leben. Eine Gesellschaft, die Wert auf die Einhaltung grundlegender Menschenrechte legt, darf dem Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen. Es braucht jetzt auf allen Ebenen Zeichen der Solidarität. Die Stadt Köln übernimmt Verantwortung und ist Teil des Bündnisses ‚Sichere Häfen‘“, sagt Dîlan Yazicioglu, Ratsmitglied der Stadt Köln.

Köln Rettet

Wir sind stolz und dankbar, dass unser jahrelanger Aktivismus in Köln nun auch dazu führte, dass die Stadt ganz konkret die Seenotrettung unterstützt und dem Versprechen sicherer Hafen für schutzsuchende Menschen sein zu wollen, endlich Taten folgen lässt. So verankern wir das Thema gemeinsam in unserer Stadtgesellschaft und geben den Kölner*innen mit ‘Köln Rettet’ eine ganz konkrete Möglichkeit Teil einer solidarischen Stadt zu sein“, sagt Alina Hansen, Sprecherin der Lokalgruppe Sea-Eye-Köln.

Köln Rettet

Sea-Eye wird auf der Webseite „Köln Rettet“ alle Geldspenden und zukünftigen Aktionen im Kontext Seenotrettung aus Köln sichtbar machen.

Wie groß der Wunsch ist, Verantwortung zu übernehmen, sehen wir in Bochum. Innerhalb von nur zwei Wochen sammelte ‘Bochum Rettet’ mehr als 13.000 € für den nächsten Einsatz der SEA-EYE 4. Dieses Geld kommt direkt an, denn unser Schiff soll schon am Freitag wieder in den Einsatz aufbrechen. Nun muss Köln direkt als zweite Stadt nachlegen“, sagt Hansen weiter.

Prominente Unterstützung erhält die Kampagne vom Kölner Kabarettisten Christoph Sieber, der verschiedene Seenotrettungsorganisationen seit 2015 unterstützt.

Im Mittelmeer ertrinken Menschen, wenn sie niemand rettet. Dass sich meine Heimatstadt Köln daran finanziell beteiligt unterstütze ich. Einfach weil ‚Sterben lassen‘ keine Option ist“, sagt Christoph Sieber.

Christoph Sieber

Über die Kampagne „Deine Stadt Rettet“

„Köln Rettet“ ist eine Aktion der Rahmenkampagne „Deine Stadt Rettet”. „Deine Stadt Rettet” soll Kommunen, die sich als „Sichere Häfen” bekennen, dabei helfen, die Bürger*innen in der Kommune zu aktivieren und in die gemeinsame Arbeit einzubinden, indem sie die zivile Seenotrettung in Form einer Schiffspatenschaft für die SEA-EYE 4 unterstützt und das gemeinsame Engagement sichtbar wird.

Der Beitritt hunderter Kommunen zum Bündnis „Sichere Häfen“ demonstriert die flächendeckende Bereitschaft zur Hilfe für schutzsuchende Menschen. Ein konkreter Umsetzungsschritt ist die finanzielle Unterstützung eines zivilen Seenotrettungsschiffs mit der Übernahme einer Patenschaft. „Deine Stadt Rettet” verbindet Kommunen mit entsprechender Bereitschaft und stellt die Infrastruktur bereit, um sie in ihrem Vorhaben zu unterstützen. Zudem werden Informationsmaterialien sowie eine Online-Präsenz für kommunale Spendenaktionen bereitgestellt.

Teilnehmende Kommunen können den Kontakt zu weiteren Kommunen herstellen und sie dabei unterstützen, ebenfalls Teil der Aktion zu werden und in ihren kommunalen Parlamenten über dieses Vorhaben zu beraten. Bei Zustimmung wird mit den Bürger*innen der jeweiligen Stadt eine Spendensammelaktion gestartet. Der gesammelte Betrag und die Mittel der Stadt ergeben schließlich die Fördersumme für die Patenschaft der SEA-EYE 4.

Seenotretter*innen kritisieren Ungleichbehandlung von Flüchtlingen

Das deutsche Rettungsschiff SEA-EYE 4 legte am Mittwochmittag (06.04.2022) in Augusta an und alle 106 geretteten Menschen durften an Land gehen. Die SEA-EYE 4 war am Samstag vor Sizilien angekommen, nachdem Malta die Ausschiffung der Geretteten mehrfach abgelehnt hatte, und wartete seitdem auf die Zuweisung eines sicheren Hafens. Für die SEA-EYE 4 war es die erste Mission des Jahres. Die Mission wurde durch sehr schlechte Wetterbedingungen erschwert.

Dr. Harald Kischlat, Vorstand von German Doctors e. V. sagt dazu: „Die Geflüchteten an Bord der SEA-EYE 4 haben viele Tage auf hochseeuntauglichen Booten ausgeharrt. Sie sind unterkühlt, seekrank, traumatisiert. Es ist unverantwortlich und menschenunwürdig, diesen Menschen den Zugang zu einem sicheren Hafen unnötig lang zu verweigern.

German Doctors e. V. verantwortet die medizinische Versorgung der Geflüchteten auf der SEA-EYE 4 und unterstützt Sea-Eye substanziell beim Betrieb des Bordhospitals. Regelmäßig sind auch ein Einsatzarzt oder eine Einsatzärztin an Bord des Rettungsschiffs.

Disembarkation

Wir müssen jetzt schnell eine Änderung der Politik gegenüber allen schutzsuchenden Menschen sehen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. „Denn sonst kommt die Politik in ernsthafte Erklärungsnot und der seit Jahren geäußerte Vorwurf – systemischer Rassismus verhindere die Rettung Flüchtender aus Afrika und Asien – wäre einmal mehr bewiesen.

Sea-Eye kritisiert die Ungleichbehandlung von flüchtenden Menschen: Zivile Rettungsschiffe müssen noch immer tagelang auf Ausschiffungshäfen für Schutzsuchende aus Afrika oder Asien warten und müssen sogar wie im Fall der SEA-EYE 4 vor Malta mit Ablehnungen rechnen. Noch immer sind sich die EU-Mitgliedstaaten bei der Verteilung weniger tausender Menschen uneinig. Noch immer verweigern maltesische und italienische Rettungsleitstellen die Koordinierung für Seenotfälle, die sich in der libyschen Such- und Rettungszone ereignet haben und noch immer kooperieren europäische Behörden mit der sogenannten libyschen Küstenwache, um Menschen von der Flucht aus dem Bürgerkrieg in Libyen abzuhalten.

Disembarkation

Alle Menschen haben das Recht, Schutz und Asyl innerhalb der EU zu suchen. Die Hautfarbe, das Geschlecht, die Herkunft, die Religion oder die politische Überzeugung dürfen für europäische Behörden und die Politik kein Grund sein, einen Unterschied zu machen. Die Menschenrechte sind da unmissverständlich“, unterstreicht Isler.

In 2022 verloren bisher 467 Menschen ihr Leben, bei dem Versuch das Mittelmeer zu überqueren, um Schutz und Freiheit in Europa zu finden. Der von den EU-Mitgliedsstaaten unterstütze Weg die Menschen von der sogenannten libyschen Küstenwache abfangen zu lassen und so die Zahl der Ankünfte in Europa zu verringern, gefährdet Menschenleben, statt sie zu retten.

So versagte die sogenannte libysche Küstenwache in der vergangenen Woche erneut und es ertranken bei einem schweren Schiffsunglück vor Libyen 90 Menschen. Nur vier Menschen überlebten und wurden illegal vom Handelsschiff ALEGRIA 1 zurück nach Libyen gebracht, ohne Chance auf ein faires Asylverfahren, stattdessen drohen ihnen Inhaftierung, Folter und der Tod.

Disembarkation

Ein ukrainischer Kapitän des Handelsschiffes KARINA entschied sich nur wenige Tage vorher mit Verweis auf die Genfer Flüchtlingskonvention und die Situation in Libyen dazu, die SEA-EYE 4 um Unterstützung zu bitten, statt seinen Kurs nach Benghazi fortzusetzen.

Bochum rettet

Auftaktveranstaltung der Kampagne „Bochum Rettet“

Am Dienstag, den 05. April 2022, um 11:30 Uhr eröffnete Carla Scheytt, Sprecherin der Seebrücke Bochum, die Auftaktveranstaltung der Kampagne „Bochum Rettet“ in der Kunstkirche Christkönig am Steinring 28 in Bochum. Die Kampagne geht zurück auf einen Beschluss des Rates der Stadt Bochum aus 2021, mit dem die Stadt eine Patenschaft für das Seenotrettungsschiff SEA-EYE 4 übernimmt. Nun wird die Stadt konkret und lädt die Bochumer*innen ein, sich zu beteiligen.

Um die Einsätze der SEA-EYE 4 finanziell zu unterstützen, startet Bochum mit dem heutigen Tag eine besondere Spendenaktion. Die Stadt ruft alle Bochumer*innen dazu auf, für die Rettungseinsätze zu spenden. Die Stadt wird die so gesammelten Spenden mit bis zu 30.000 € verdoppeln.

Mit dieser Spendenverdopplungsaktion und die Einbeziehung ihrer Bürger*innen hat Bochum die kommunalen Schiffspatenschaften für die SEA-EYE 4 auf eine neue Stufe gehoben. So hilft jeder gespendete Euro der Bochumer*innen doppelt, Menschenleben zu retten“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Die gesammelten Spenden und der Verdopplungsbetrag der Stadt ergeben schließlich den Gesamtbetrag, mit dem die SEA-EYE 4 gefördert wird.

Bochum rettet

Wir danken den Bochumer Kommunalpolitiker*innen, die dafür gestritten haben, dass wir ab heute gemeinsam und vor allem sichtbar für die zivile Seenotrettung arbeiten“, sagt Isler weiter.

Auf der Auftaktveranstaltung präsentierten Carla Scheytt, Sprecherin von Seebrücke Bochum, Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. und der Bochumer Künstler Sebastian 23 die Kampagne „Bochum Rettet“.

Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen aber auch Betriebe können sich im Kampagnenzeitraum mit einer eigenen Aktion oder Veranstaltung einbringen. Wir freuen uns über kreative und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen und auf tolle Ideen für ‚Bochum Rettet‘“, erläutert Carla Scheytt.

Bochum rettet