SEA-EYE 4 rettet 31 Menschen – darunter eine Mutter mit Baby

Nach einem der Einsätze versuchte die sogenannte libysche Küstenwache mehrfach, die Besatzung des zivilen Rettungsschiffs einzuschüchtern

Bei drei Einsätzen am 16. und 17. Juli 2024 hat die SEA-EYE 4 insgesamt 31 Menschen aus Seenot gerettet: Am Dienstag sichtete die Besatzung des Rettungsschiffs um etwa fünf Uhr morgens drei Menschen in einem kleinen hölzernen Fischerboot, das weder über Rettungsausrüstung noch über moderne Navigationsgeräte verfügte, und evakuierte sie. Während die Crew auf Anweisungen der italienischen Behörden wartete, entdeckte sie gegen Mittag ein weiteres Holzboot in Seenot und rettete 20 Personen – darunter eine Mutter mit ihrem Baby. Am Tag darauf reagierte die SEA-EYE 4 am frühen Nachmittag auf den Notruf eines Flugzeugs, das ein Fiberglasboot mit acht Personen in Seenot beobachtet hatte, und brachte auch diese in Sicherheit.

„Einige der Geretteten befinden sich in einem schlechten, vereinzelt sogar kritischen Gesundheitszustand. Diese Menschen müssen so schnell wie möglich medizinisch versorgt werden. Für sie ist es eine Zumutung, dass wir wieder einen so weit entfernten Hafen zugewiesen bekommen haben”, sagt Ayesha Sattar, Bordärztin auf der SEA-EYE 4 für German Doctors e.V.

Kurz nach der zweiten Rettung am 16. Juli traf die sogenannte libysche Küstenwache ein und versuchte, die Besatzung der SEA-EYE 4 einzuschüchtern:

„Nachdem wir die Menschen gerettet hatten, zündete die sogenannte libysche Küstenwache das leere Boot an und umkreiste uns zweimal mit heulenden Sirenen. Sie forderten uns auf, das Gebiet zu verlassen – obwohl sie dazu in internationalen Gewässern rechtlich nicht befugt sind – und verfolgten uns lange Zeit. Das ist ein klarer Versuch, uns einzuschüchtern und die Menschen, die sich ohnehin schon in einer schwierigen Situation befinden, noch mehr in Bedrängnis zu bringen. Mit Hilfe für Menschen in Seenot haben diese Aktionen nichts zu tun”, beschreibt Julie Schweickert, Einsatzleiterin an Bord der SEA-EYE 4, die Situation.

Die sogenannte libysche Küstenwache fängt flüchtende Menschen auf dem Mittelmeer ab und bringt sie zurück in das Bürgerkriegsland Libyen. Finanziert wird sie unter anderem von der Europäischen Union. UN-Experten haben der EU deshalb bereits 2023 vorgeworfen, Beihilfe zu den Verbrechen der sogenannten libyschen Küstenwache zu leisten.

In ihren Einsätzen agiert die sogenannte libysche Küstenwache immer wieder äußerst aggressiv und gewalttätig, wodurch bereits Menschen ums Leben gekommen sind. In Libyen droht den verschleppten Menschen Inhaftierung in sogenannten Detention Camps, wo sie schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Die italienischen Behörden haben die SEA-EYE 4 angewiesen, die Überlebenden im Hafen von Ortona in der Provinz Chieti an Land zu bringen. Mit dieser Zuweisung nehmen die Behörden in Kauf, dass die SEA-EYE 4 einen weiten Weg zurücklegen muss und dadurch tagelang im Einsatzgebiet fehlen wird, obwohl ihre Rettungskapazitäten dort dringend benötigt werden. Das Rettungsschiff wird voraussichtlich am Samstagabend im Hafen eintreffen.