30.411 Schweigeminuten. Jede einzelne für ein verlorenes Leben.

Ab dem 24. Februar entsteht im alten Münchner Gasteig, Europas größtem Kulturzentrum, ein besonderer „Raum der Stille“. 21 Tage lang wird hier der 30.411 Menschen gedacht, die seit 2014 auf der Flucht über das Mittelmeer gestorben sind oder als vermisst gelten. Die zivile Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e.V. möchte mit dieser Installation auf das fortwährende Sterben im Mittelmeer aufmerksam machen.

Das Mittelmeer ist eine der gefährlichsten und tödlichsten Fluchtrouten der Welt. Seit 2014 haben hier, laut offiziellen Zahlen des europäischen Netzwerks „UNITED for Intercultural Action“, 30.411 Menschen ihr Leben verloren. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus höher. Viele der Toten und Vermissten wurden namentlich erfasst und ihr Schicksal dokumentiert. Doch die meisten starben anonym – wobei die Familien und Hinterbliebenen bis heute unter ihrem Verlust leiden.

Ein stilles Gedenken – vor Ort und digital
Jede der 30.411 Schweigeminuten in diesem Raum ist einer verstorbenen Person gewidmet. Das Gedenken wird von einer in Echtzeit generierten Unterwasser-Animation begleitet, die mithilfe künstlicher Intelligenz personalisiert wird und sich an die Tageszeit sowie die Lichtverhältnisse in München anpasst. Die einminütigen Videos erzählen die Hintergründe einzelner Fluchtschicksale und machen die Tragödie sichtbar.

Für Besucher*innen des alten Gasteigs ist der „Raum der Stille“ ab dem 24. Februar kostenfrei zugänglich. Um das Gedenken über den physischen Raum hinaus zu tragen, wird die gesamte Aktion per Live-Stream auf www.21TageStille.de übertragen.

Konstanze Schön, Pressesprecherin bei Sea-Eye: „Für viele ist die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer leider zur Normalität geworden. Umso wichtiger ist es, dass wir uns der Schicksale der Menschen bewusst werden, die auf der Suche nach Schutz gestorben sind, und erkennen, dass wir als Gesellschaft die Menschenrechte – allen voran das Recht auf Leben – wieder in den Mittelpunkt aller politischen Entscheidungen stellen müssen. Es ist die Aufgabe der EU und ihrer Mitgliedstaaten, endlich menschenrechtsbasierte Lösungen zu finden und eine staatlich organisierte Seenotrettung zu etablieren, die das Sterben im Mittelmeer beendet.“

Für die Idee zeichnet sich die Agentur thjnk Germany verantwortlich, die die Aktion mit einer crossmedialen Kampagne in TV und OOH begleitet.

Die Seenotrettungsorganisationen Sea-Eye e.V. und Sea-Watch e.V. haben einen gemeinsamen Rettungseinsatz im zentralen Mittelmeer gestartet. Mit dem Rettungsschiff SEA-EYE 4 ist eine 28-köpfige Crew aus Mitgliedern beider Organisationen auf dem Weg an eine der tödlichsten Fluchtrouten der Welt. Eine Woche vor der Bundestagswahl rufen die beiden deutschen Organisationen alle Parteien dazu auf, sichere und legale Fluchtwege zu schaffen.

Die Zusammenarbeit zwischen Sea-Eye und Sea-Watch ist eine Antwort auf das andauernde Sterben im Mittelmeer. Trotz der politischen Widerstände auch in Deutschland, bleiben die Organisationen ihrem Auftrag treu: Menschenleben zu retten und auf die systematische Unterlassung staatlicher Rettungseinsätze aufmerksam zu machen. Der gemeinsame Einsatz ist nicht nur eine Reaktion auf die akute Notlage, sondern auch ein Zeichen der Solidarität. Die europäische Zivilgesellschaft darf nicht zuschauen, wenn Menschen ertrinken.

„Die Zusammenarbeit von Sea-Eye und Sea-Watch ist ein starkes Signal des Zusammenhalts und der Solidarität. In Zeiten von Ausgrenzung, Hass und Hetze kämpfen wir gemeinsam auf einer der tödlichsten Fluchtroute der Welt um jedes Menschenleben. Wir zeigen, dass humanitäre Hilfe keine Grenzen kennt“, erklärt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye.

Auch von Seiten Sea-Watchs wird die Zusammenarbeit als notwendiger Schritt betont: „Jede Kooperation stärkt unseren Einsatz, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Eine Woche vor der Bundestagswahl fordern wir sichere und legale Fluchtwege für alle. Denn Politiker, die nur nach Zäunen schreien, ändern rein gar nichts am Sterben im Mittelmeer“, so Giulia Messmer, Sprecherin von Sea-Watch.

Die SEA-EYE 4 ist ein speziell für Rettungseinsätze umgerüstetes Schiff, das bereits über 3.800 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt hat. Der aktuelle Einsatz wird Schutzsuchende sicher an Land bringen und medizinische Erstversorgung leisten. Die Crew besteht aus erfahrenen Seenotretterinnen, Medizinern und technischen Fachkräften.

Unterstützt wird der Einsatz durch das breite Bündnis United4Rescue und die Initiative LeaveNoOneBehind
Trotz internationaler Verpflichtungen zur Seenotrettung wird die zivile Seenotrettung zunehmend durch europäische Staaten behindert. Über 2.300 Menschen sind allein 2024 im Mittelmeer ertrunken. Die Organisationen rufen die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, ihre Blockadehaltung zu beenden und legale sowie sichere Fluchtwege zu schaffen.