Spenden fehlen für 9 geplante Missionen in 2024 

Am Nachmittag des zweiten Weihnachtstages (dem 26.12.2023) rettete die Besatzung des Seenotrettungsschiffes SEA-EYE 4 insgesamt 106 Menschen aus zwei verschiedenen Booten. Beide Boote wurden von der Besatzung des Schiffes selbst gesichtet. Die Seenotfälle ereigneten sich in der maltesischen Such- und Rettungszone, südlich von Lampedusa. Die Einsatzleitung des Schiffes informierte daraufhin die zuständigen Behörden.

Unter den geretteten Menschen sind 40 Minderjährige. Die jüngsten von ihnen sind fünf und sechs Jahre alt und werden von ihren Eltern begleitet. Ein 13-jähriger Junge aus Guinea und ein 14-jähriger Junge aus Mali flohen alleine. Die Menschen beider Boote gaben an, in der Nacht zum Dienstag (den 26.12.2023) über Tunesien Richtung Europa geflohen zu sein. Sie flohen u.a. aus Eritrea, Guinea, Kamerun, Mali, Gambia und dem Senegal. Die zuständige, maltesische Rettungsleitstelle antwortete nicht. Die italienische Rettungsleitstelle wies der SEA-EYE 4 den italienischen Hafen in Brindisi zur Ausschiffung der geretteten Menschen zu. Die Überfahrt wird rund drei Tage dauern. Mit der Ankunft in Brindisi rechnet die Einsatzleitung der SEA-EYE 4 am Freitagnachmittag.

Rettung

Im Hafen von Brindisi endet die 5. Mission des Jahres. Eine Mission fiel wegen einer Festsetzung durch die italienische Küstenwache aus. Insgesamt wurde die SEA-EYE 4 im Jahr 2023 dreimal festgesetzt. Alle drei Festsetzungen wurden mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen das sog. Piantedosi Gesetz vom Februar 2023 begründet. Es gelang den gemeinsamen Besatzungen von Sea-Eye e.V., German Doctors e.V. und Refugee Rescue dennoch 504 Menschenleben zu retten. Auch im kommenden Jahr wollen die drei Organisationen weiter zusammenarbeiten, um möglichst viele Menschen vor dem Ertrinken zu retten.

„Während wir Weihnachten feierten, wurden gestern 106 Menschen von der Crew der SEA-EYE 4 aus dem Mittelmeer gerettet. Wie uns Nour Hanna, unsere ehrenamtliche Ärztin an Bord mitteilte, war glücklicherweise niemand in einer kritischen medizinischen Situation. Die Tatsache, dass so viele Familien mit kleinen Kindern diese gefährliche Fluchtroute wählen, führt uns ganz besonders in diesen Tagen vor Augen, wie wichtig die Fortführung unserer gemeinsamen Kooperation mit Sea-Eye und Refugee Rescue ist. Diese gewährleistet die medizinische Versorgung bei Seenotrettungen“, berichtet Dr. Harald Kischlat, Vorstand German Doctors e.V.

Rettung

Im neuen Jahr plant Sea-Eye insgesamt 9 Missionen durchzuführen, da keine größeren Werftaufenthalte berücksichtigt werden müssen. Die Spenden reichen für dieses Ziel aber noch nicht aus. Bisher konnten nur die ersten beiden Einsätze des ersten Quartals durch die Organisationsleitung freigegeben werden. Weitere Unterstützung muss noch gefunden werden.

„Wir haben ein einsatzbereites Schiff und ein starkes Team an Land und zur See. Es geht nun nur noch darum, alle Missionen im kommenden Jahr finanzieren zu können. Wir sind uns über den stärker werdenden politischen Gegenwind im Klaren. Doch wir werden nicht aufgeben, setzen weiter auf die Solidarität unserer Unterstützenden und werden gemeinsam weiter um jedes einzelne Menschenleben kämpfen”, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

SEA-EYE 4

26 Menschen in Civitavecchia an Land gebracht

Am Freitagmorgen legte die SEA-EYE 4 von Italien aus ab und steuert derzeit ihr Einsatzgebiet im zentralen Mittelmeer an, um dort über die Weihnachtstage nach Menschen in akuter Lebensgefahr zu suchen. Zuvor brachte die Crew am Donnerstagnachmittag 26 Menschen, die am Montag (18.12.23) bei drei Meter hohen Wellen und starkem Wind gerettet worden waren, in Civitavecchia an Land. Unter den Geflüchteten waren auch zehn Syrer und drei unbegleitete syrische Minderjährige.

Gemeinsam mit unserem Partner German Doctors sind wir der Crew und der Einsatzärztin unendlich dankbar, dass sie die Weihnachtstage auf See verbringen werden, anstatt bei ihren Familien zu Hause zu sein. In einer Zeit, in der die EU-Mitgliedsstaaten die universellen Menschenrechte immer weiter untergraben und bereit sind sogar Familien mit Kindern an den EU-Außengrenzen zu inhaftieren, müssen zivile Akteur*innen noch mehr Kräfte mobilisieren und Solidarität zeigen. Wir stellen uns weiter gegen eine Politik der Abschottung“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Neues Rechtsgutachten unterstreicht Kriminalisierungsgefahr der Seenotrettung durch einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung

Das Rettungsschiff SEA-EYE 4 verließ in der Nacht zum Freitag (08.12.2023) den italienischen Hafen von Tarent und brach in die letzte Mission des Jahres auf. Es handelt sich um den fünften Einsatz des Schiffes in diesem Jahr. Eine von insgesamt drei Festsetzungen des Schiffes führte zur Absage eines Einsatzes. Gegen alle drei Festsetzungen klagte Sea-Eye vor italienischen Verwaltungsgerichten. Eine Entscheidung durch die Gerichte steht in allen drei Fällen noch aus.

Mit an Bord ist der bayerische Landtagsabgeordnete und Krankenpfleger Andreas Krahl. Es ist das zweite Mal, dass er den Monat Dezember an Bord der SEA-EYE 4 verbringt. Krahl verstärkt das gemeinsame medizinische Team von German Doctors e.V. und Sea-Eye e.V. im Bordhospital der SEA-EYE 4. Die Bonner Hilfsorganisation German Doctors arbeitet seit drei Jahren mit Sea-Eye zusammen und stellt erneut die Bordärztin Nour Hanna zur medizinischen Leitung der Mission.

Die humanitäre Lage an den europäischen Außengrenzen verschlechtert sich. In diesem Jahr starben bereits mindestens 2.500 Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer. Unser letzter gemeinsamer Einsatz mit der SEA-EYE 4, bei dem vier Menschen nur noch tot geborgen werden konnten, führte uns diese traurige Tatsache wieder deutlich vor Augen. Umso wichtiger ist es, dass auf dieser letzten Mission der SEA-EYE 4 in diesem Jahr wieder eine erfahrene Ärztin von German Doctors, Nour Hanna, mit an Bord ist. Als Kinder- und Jugendärztin war sie bereits im letzten Jahr vor Weihnachten ehrenamtlich auf der SEA-EYE 4 im Einsatz und kennt zudem die Situation der geflüchteten Menschen in Griechenland. In unserer medizinischen Station in Thessaloniki versorgte sie ebenfalls als German Doctor die Patientinnen und Patienten. Ihr und der gesamten Crew sind wir sehr dankbar für ihr wichtiges, ehrenamtliches Engagement und wünschen allen Beteiligten alles Gute für die Mission“, sagt Dr. Harald Kischlat, Vorstand des German Doctors e.V.

Während die Besatzung der SEA-EYE 4 auf dem Weg in den Einsatz ist, diskutiert der Deutsche Bundestag über das sog. Rückführungsverbesserungsgesetz. Es sieht eine Änderung des § 96 AufenthG vor. Ein neues Rechtsgutachten von Prof. Dr. Aziz Epik (Universität Hamburg) und Prof. Dr. Valentin Schatz (Leuphana Universität Lüneburg) warnt ausdrücklich vor der Gefahr der Kriminalisierung ziviler Seenotretter*innen durch den vom Bundesinnenministerium vorgelegten Gesetzesentwurf.

Bei der vom BMI vorgeschlagenen Ausweitung des § 96 Abs. 4 AufenthG auf Fälle uneigennütziger Hilfeleistung zur unerlaubten Einreise besteht die Gefahr, dass zivile Seenotretter*innen kriminalisiert werden. Der Tatbestand der geplanten Neufassung verweist für die Frage der unerlaubten Einreise auf das Recht der europäischen Staaten, in die eingereist wird, also beispielsweise Italien. Wir gehen davon aus, dass gerettete Menschen nach einer Ausschiffung beispielsweise nach dem italienischen Recht zumindest teilweise formal unerlaubt einreisen, weshalb § 96 Abs. 4 AufenthG greifen würde. Nach unserer Auffassung wäre das Verhalten von Seenotretter*innen beim Rettungsvorgang und bei der Verbringung der Menschen in einen Ausschiffungshafen zwar im Ergebnis als Notstand nach § 34 StGB gerechtfertigt. Diese Auffassung ist aber nicht unstreitig und es genügt auch nicht, eine entsprechende Intention des Gesetzgebers in die Gesetzesbegründung aufzunehmen, da Strafverfolgungsbehörden und Gerichte daran nicht gebunden sind. Wir plädieren daher mindestens für eine ausdrückliche Ausnahme von Tatbestand des § 96 Abs. 4 AufenthG, wie sie ohnehin in Richtlinie 2002/90/EG für alle Formen humanitärer Unterstützung europarechtlich ermöglicht wird“, sagt Prof. Dr. Valentin Schatz, Juniorprofessor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Leuphana Universität Lüneburg.

Schon in der Vergangenheit stellten italienische und maltesische Behörden immer wieder in Frage, ob es sich bei Seenotfällen flüchtender Menschen im Mittelmeer überhaupt um Seenotfälle handele. So forderte die maltesische Rettungsleitstelle Handelsschiffe wie die MTS Southport schon im Dezember 2022 dazu auf, Menschen nicht zu retten und den Kurs zu ändern. Unter den von der SEA-EYE 4 später geretteten Personen befanden sich jedoch schwer verletzte Menschen, die die Überfahrt nach Italien nicht überlebt hätten.

In genau so einem Fall ermöglicht der Gesetzesentwurf die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Sea-Eye-Crew. Denn wenn eine europäische Behörde einen Seenotfall nicht als solchen anerkennt, aber die SEA-EYE 4 die Menschen aus der akuten Lebensgefahr rettet und sie daraufhin in einem europäischen Hafen ausschifft, müsste die deutsche Staatsanwaltschaft mindestens ermitteln, ob Sea-Eye rechtskonform gehandelt hat und gegen unsere Besatzung Untersuchungen einleiten. Dieser Gesetzesentwurf darf deshalb so nicht in Kraft treten, weil er Besatzungsmitglieder kriminalisiert und sie davon abschreckt, auf einem Rettungsschiff humanitäre Hilfe zu leisten. Die italienische Strategie Seenotretter*innen zu kriminalisieren und zu verängstigen darf kein gesetzlicher Standard in Deutschland werden“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Am Morgen des 27. Oktober erreichte ein Notruf die SEA-EYE 4, die zu diesem Zeitpunkt im zentralen Mittelmeer nach Booten in Seenot suchte. Als die Crew den Einsatzort erreichte, war bereits die sogenannte libysche Küstenwache vor Ort. Wie für die aggressiv agierende Miliz üblich, versuchte sie die Crew mit Gewaltandrohungen zu verjagen. Die SEA-EYE 4 blieb jedoch vor Ort, um den flüchtenden Menschen im Notfall helfen und den beabsichtigten illegalen Push-Back dokumentieren zu können.

Dass diese Entscheidung richtig war, zeigte sich, als auf dem Schlauchboot auf einmal Panik ausbrach und die Menschen versuchten vor der sogenannten libyschen Küstenwache zu fliehen. Daraufhin verfolgte das sog. Küstenwachenschiff das überfüllte Boot und führte gefährliche Manöver in unmittelbarer Nähe aus. Dabei stürzten Menschen vom Schlauchboot ins Wasser. Die Crew der SEA-EYE 4 rettete so viele Menschen wie möglich aus dem Schlauchboot und direkt aus dem Wasser.

Joana, Teil des Post Rescue Teams an Bord, hat den Einsatz miterlebt und teilt mit uns ihre Erfahrungen.

Das Schiff der sogenannten libyschen Küstenwache ist sehr dicht an das fahrende Schlauchboot herangefahren. Was hast du in dem Moment gedacht?

Anfangs sah es stark danach aus, dass die sog. libysche Küstenwache die Menschen zurück nach Libyen bringen wird. Zumindest die Personen, die die Geschehnisse, die sich vor unseren Augen abspielten, überleben würden. Die sog. libysche Küstenwache agierte aggressiv, und brachte mit ihren Manövern bewusst Menschenleben in Gefahr.

Überlebende berichteten uns später, dass ihnen gedroht wurde, dass das Schlauchboot zum Kentern gebracht würde, sollten sie den Motor nicht abstellen. Auch wurde uns erzählt, dass die sog. libysche Küstenwache vor Eintreffen der SEA-EYE 4 auf Menschen im Wasser schoss. Dies wäre nicht das erste Mal: derartige Situationen wurden bereits von anderen Seenotrettungsorganisationen dokumentiert.

Wie verlief nun dieser wichtige Einsatz unter den schwierigen Bedingungen – und welche Aufgaben hast du übernommen?

Anfangs habe ich das Geschehen von der Brücke aus filmisch dokumentiert. Als klar wurde, dass Personen aus dem Schlauchboot an Bord unseres Schiffes kommen werden, habe ich mich auf das Hauptdeck begeben. Als Teil des Post Rescue Teams bin ich bei einer Rettung im ersten Schritt für die Registrierung der Menschen, die an Bord kommen, zuständig. Gleichzeitig versuche ich ihnen zu vermitteln, dass sie sich nun in Sicherheit befinden und uns vertrauen können .

Im Fall einer „Mass Casualty“ (Massenfall an Verletzten) werden mir auch andere Aufgaben zuteil, jede helfende Hand wird gebraucht. So habe ich unter anderem geholfen, eine bewusstlose, schwangere Person ins Bordhospital zu tragen. Ich habe hyperventilierende sowie geschwächte Menschen versorgt, Wasser und Rettungsdecken verteilt und weibliche Überlebende beim Duschen unterstützt. Das Duschen war dringend nötig, da die Kleidung der schutzsuchenden Personen in Treibstoff getränkt war. Einige Personen hatten Verbrennungen – sog. fuel burns – durch das Gemisch aus Salzwasser und Treibstoff erlitten.

Drei Menschen an Bord der SEA-EYE 4 schwebten zudem in Lebensgefahr. Wie kann man sich eine derartige Extremsituation an Bord vorstellen?

Das medizinische Team – bestehend aus drei Personen – arbeitete auf Hochtouren. Einer schwangeren Frau ging es nach einem Tag im Bordhospital den Umständen entsprechend wieder gut. Die zweite schwangere Person jedoch benötigte eine schnellstmögliche medizinische Evakuierung, da eine ausreichende Versorgung an Bord der SEA-EYE 4 nicht gewährleistet werden konnte. Es konnten keine Herztöne des ungeborenen Kindes festgestellt werden. Dennoch verweigerten italienische Behörden die Anfragen unserer Einsatzleitung nach einer medizinischen Evakuierung. Stattdessen wurden wir auf libysche Behörden verwiesen.

Während unser medizinisches Team mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln um das Überleben der Mutter und des Ungeborenen kämpfte, wurden wir also angewiesen, die beiden zurück in ein Bürgerkriegsland zu schicken, aus dem sie geflohen waren.


Letzten Endes wurde die Frau erst 17 Stunden später, bei einem nächtlichen Einsatz vor Lampedusa, mit einem unserer Einsatzboote vom medizinischen Team an ein italienisches Ärzt*innen-Team übergeben. Später hat uns die erschütternde Nachricht erreicht, dass das Baby nicht überlebt hat.

Medizinsche Evakuierung

Ihr musstet aus dem Schlauchboot auch vier Tote bergen. Wie geht die Crew an Bord mit den Verstorbenen um?

Es handelte sich um die zweite Rettungsmission mit der SEA-EYE 4, bei der verstorbene Personen geborgen werden mussten. Unser Schiff ist für diesen Fall bisher nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Eine traurige Erkenntnis dieser Mission ist, dass es eines gesonderten Raumes an Bord der SE4 bedarf, der speziell für die Unterbringung der Verstorbenen und einen würdevollen Abschied durch die Angehörigen ausgelegt ist. Denn den aktuellen politischen Missständen und Entwicklungen nach ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft schutzsuchende Menschen ihr Leben auf dem Mittelmeer verlieren werden.

Als die SEA-EYE 4 den Hafen von Vibo Valentia erreichte, wurde sie von den italienischen Behörden festgesetzt. Wie fühlt sich das nach so einem Rettungseinsatz an?

Leider hatte ich im Grunde bereits damit gerechnet, denn die willkürlichen Festsetzungen von zivilen Rettungsschiffen durch italienische Behörden sind eine bekannte Vorgehensweise, um die zivile Flotte am Ausführen von Rettungseinsätzen zu hindern. Es handelt sich dabei um eine weitere Form der Kriminalisierung von Flucht. Dass Menschen deshalb sterben, scheint für die Verantwortlichen keine Rolle zu spielen.

Doch nur, weil italienische Behörden ungehindert an diesen Vorgehensweisen festhalten, darf dies niemals zur Normalität werden. Es ist und bleibt unerlässlich, dass wir wütend sind, Widerstand leisten, anprangern und für dringend nötige Veränderung einstehen.

Rückblickend machen mich die Festsetzung und die weiteren Formen der Repression durch die italienischen Behörden auch wütend, nach Ankunft in Vibo Valentia verspürte ich jedoch in erster Linie Traurigkeit. Menschen haben ihre Tochter, Schwester, Frau und ihren Freund verloren. Wurden mit Polizeiverhören und respektlosen körperlichen Untersuchungen in Italien in Empfang genommen. Es wurde über sie, nicht mit ihnen gesprochen. All das, weil sie die Flucht nach Europa gewagt haben. In der Hoffnung, hier Frieden und Sicherheit zu finden.

Dritte Klage im laufenden Jahr gegen unrechtmäßige Festsetzungen der SEA-EYE 4

Die Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e.V. klagt am Zivilgericht von Vibo Valentia gegen die jüngste Festsetzung der SEA-EYE 4 vom 30. Oktober 2023. Die italienischen Behörden hatten die SEA-EYE 4 erneut festgesetzt, weil Sea-Eye sich beim letzten Einsatz weigerte, den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache zu folgen. Deshalb wurde das Schiff nun zum dritten Mal im laufenden Jahr mit einer Verwaltungshaft von 20 Tagen und einer Geldstrafe von rund 3.000€ belegt. Wie bei den vorausgegangenen Festsetzungen reichten die Seenotretter*innen von Sea-Eye Klage gegen die unrechtmäßige Festsetzung ein.

Sea-Eye begründet die Klage damit, dass den italienischen Behörden zu so einem Schritt gegenüber Schiffen unter deutscher Flagge die Zuständigkeit und die Befugnisse fehlen.

Nur die deutsche Flaggenstaatsbehörde könnte Sea-Eye dafür sanktionieren, dass wir uns den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache widersetzten“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

In der Klageschrift beschreiben die Anwälte von Sea-Eye, wie rücksichtslos und brutal die Besatzung eines Schiffes unter libyscher Flagge bei einem Einsatz mit ca. 50 Personen in Seenot am 27.10.2023 agierte. Dabei wurde die SEA-EYE 4 unter Androhung „militärischer Gewalt“ dazu aufgefordert, das Seegebiet zu verlassen. Weiter schildert die Klageschrift „wie die Libyer gefährliche Manöver ausführten, bei denen sie sich zwischen die SEA-EYE 4 und das Boot mit den Schiffbrüchigen schoben, letzteres umrundeten und gefährliche Wellen erzeugten“.

Die Crew der SEA-EYE 4 dokumentierte mit Videobelegen eine regelrechte Hetzjagd auf die Geflüchteten durch das libysche Schiff. Nach dem lebensgefährdenden Einsatz der sogenannten libyschen Küstenwache konnten vier Personen nur noch tot aus dem Schlauchboot geborgen werden.

Es ist ausgeschlossen, dass wir die bewaffneten, brutalen Milizen Libyens als staatlichen Akteur akzeptieren. Sie sind nicht mehr als ein Konglomerat gewalttätiger, bewaffneter Gruppierungen. Europäische Behörden müssen aufhören, den Eindruck erwecken zu wollen, als hätten wir es hier mit einem Äquivalent europäischer Küstenwachen zu tun“, so Isler.

Mit der erneuten Klage sind nun drei Verfahren gegen die italienischen Behörden anhängig. Die italienischen Behörden begründeten die ersten beiden Festsetzungen damit, dass die SEA-EYE 4 jeweils nach einem ersten Rettungseinsatz weitere Rettungen durchführte. Eine Entscheidung durch die Gerichte steht noch aus.

Hamburger Völkerrechtlerin befürchtet Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung

Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 08.11.2023, dass das von Nancy Faeser geführte Bundesinnenministerium eine Gesetzesänderung vorschlägt, die erstmals in Deutschland die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung ermöglicht.

Aus dem Bundesinnenministerium stammt der Vorschlag, dass der § 96 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes dahingehend geändert wird, dass der Straftatbestand der Hilfe zur illegalen Einreise auch dann angewandt werden kann, wenn kein finanzieller Vorteil vorliegt und für die Einreise keine Genehmigung vorlag.

Nassim Madjidian, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Hamburg, befürchtet, „dass mit der Gesetzesänderung die völkerrechtliche Rechtspflicht zur Seenotrettung ausgehöhlt werden könnte“.

Crewmitglieder von Schiffen der Seenotrettungsorganisationen, aber auch von kommerziellen Reedereien, würden künftig Gefahr laufen, in Deutschland angeklagt zu werden, wenn sie Menschen ohne Zuweisung eines Hafens im Schengen-Raum ausschiffen.

Diese Gefahr ist absolut real. Wir erinnern uns an die Politik der geschlossenen Häfen, als Matteo Salvini Innenminister Italiens war und die Ausschiffung Überlebender untersagte. Mehrere Kapitän*innen waren damals gezwungen, den Notstand zu erklären und ohne Erlaubnis in italienische Häfen einzufahren, um teils zweiwöchige Blockaden zu beenden. Ein solches Verhalten könnte mit den geplanten Änderungen nun ausgerechnet von Deutschland aus geahndet werden“, sagt Madjidian weiter.

„Es widerspricht der Programmatik aller drei Regierungsparteien in Deutschland, die sich in ihren Programmen zur Bundestagswahl eindeutig und positiv zur Seenotrettung positioniert haben. Wir sind bestürzt, dass die Politik von Nancy Faeser nicht mehr von den Inhalten und Ideen ihres postfaschistischen, italienischen Kollegen unterschieden werden kann. Wir fordern, dass dieser Vorschlag verworfen wird und dass sich die demokratischen Abgeordneten des Bundestags jetzt eindeutig zur zivilen Seenotrettung positionieren. Denn Gesetze werden abschließend nicht im Bundesinnenministerium diskutiert und verabschiedet, sondern vom Deutschen Bundestag“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Italien verlangt von Sea-Eye, den Anweisungen der sog. libyschen Küstenwache zu folgen

Am Montagnachmittag wurde der Kapitän der SEA-EYE 4 darüber informiert, dass das Rettungsschiff erneut mit einer Verwaltungshaft von 20 Tagen und einer Geldstrafe von rund 3.000 Euro bestraft wird. Konkret wirft die italienische Küstenwache der Besatzung des Schiffes vor, den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache keine Folge geleistet zu haben. 

Tatsächlich forderte die sogenannte libysche Küstenwache unter der Androhung von Gewalt die SEA-EYE 4 in internationalen Gewässern dazu auf, den Kurs zu ändern und das Seegebiet Richtung Norden zu verlassen. Im Folgenden bedrängte die sogenannte libysche Küstenwache ein Schlauchboot mit rund 50 Menschen so sehr, dass Panik ausbrach und Menschen ins Wasser stürzten.

Sea-Eye veröffentlichte zu dem Vorfall Videomaterial, das eindeutig zeigt, dass die Libyer gefährliche Manöver in der unmittelbaren Nähe des Schlauchboots vollzogen.

Der Kapitän des libyschen Küstenwachenschiffs verfolgte und bedrängte das Schlauchboot auf gefährliche Weise, während seine Besatzung gleichzeitig Zigarette rauchend und mit dem Handy filmend an der Reling stand. Dies hat mit Seenotrettung rein gar nichts zu tun!”, sagt Jan Ribbeck, Einsatzleiter von Sea-Eye e.V.

Durch das rücksichtslose und aggressive Verhalten der sogenannten libyschen Küstenwache verloren mindestens vier Menschen das Leben.

Hätte die SEA-EYE 4 das Seegebiet verlassen, wären noch mehr Menschen ums Leben gekommen und niemand hätte von dieser Tragödie erfahren”, sagt Ribbeck weiter.

Sea-Eye bat den Experten Prof. Dr. Valentin Schatz, Juniorprofessor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Leuphana Universität Lüneburg um eine rechtliche Einordnung. „Die Festhalteverfügung und das Bußgeld entbehren jeder völkerrechtlichen Grundlage und verletzen die Bundesrepublik Deutschland in ihren durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) garantierten Rechten als Flaggenstaat der Sea-Eye 4. Nach dem SRÜ ist es allein Sache des Flaggenstaates, der Seenotrettung dienende Verhaltensregeln mit Geltung für seine Schiffe in internationalen Gewässern zu erlassen. Dieses völkerrechtliche Kompetenzgefüge wird vom Internationalen Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR-Übereinkommen), auf das sich Italien hier selbst beruft, nicht angetastet, sondern vielmehr bestätigt. Das SAR-Übereinkommen überträgt Küstenstaaten keinerlei zusätzlichen Hoheitsrechte, auf deren Grundlage sie das Verhalten ausländischer Schiffe in internationalen Gewässern regeln und sanktionieren dürften. Deutschland, der Flaggenstaat der Sea-Eye 4, hat zur Um- und Durchsetzung des SAR-Übereinkommens die Verordnung über die Sicherung der Seefahrt erlassen. Ein Verdacht auf rechtswidriges Verhalten kann der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt mitgeteilt werden. Dadurch, dass die italienischen Behörden sich hier Rechte anmaßen, die völkerrechtlich allein dem Flaggenstaat Deutschland zustehen, verstößt Italien gegen das SRÜ. Dies dürfte der italienischen Regierung auch klar sein, denn Italien wurde bereits im Jahr 2019 in einem Verfahren vor den Internationalen Seegerichtshof in Hamburg wegen eines ähnlichen – allerdings sogar weniger offensichtlichen – Verstoßes gegen das SRÜ verurteilt (The M/V “Norstar” Case (Panama v. Italy), Urteil vom 10. April 2019, Rn. 222)”, so Schatz.

Sea-Eye wird auch gegen die dritte Festsetzung des Rettungsschiffs in 2023 Klage erheben. Außerdem wird die Seenotrettungsorganisation juristisch prüfen lassen, ob die Verzögerungen bei der medizinischen Evakuierung einer von der SEA-EYE 4 geretteten, schwangeren Frau justitiabel sein könnten. Die Einsatzleitung an Bord hatte am Freitag mehrere Stunden um die Evakuierung der Schwangeren gebeten, weil sie sich in einem lebensgefährlichen Zustand befand. Die Rettungsleitstelle in Rom verwies daraufhin auf die Zuständigkeit Libyens und lehnte die Koordinierung der Evakuierung ab. Libyen schickte jedoch auf eine Anfrage der SEA-EYE 4 keine Antwort. Das MRCC Rom wies die SEA-EYE 4 schließlich an, Lampedusa anzusteuern. 

Die Anfahrt dauerte noch einmal acht Stunden. Wäre ein Crewmitglied selbst betroffen gewesen, hätte man sicher nicht verlangt, dass die betroffene Person nach Tripolis evakuiert wird oder acht weitere Stunden auf dem Schiff verbleibt. Genau hier wird ein Unterschied gemacht, der als das benannt werden muss, was es ist: Rassismus”, so Isler. Italienische Journalist*innen berichteten, dass die Frau ihr ungeborenes Kind verloren hat. „Ein sofortiges Agieren der italienischen Behörden hätte möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt”, sagt Isler weiter.

Vier Leichen wurden an die italienischen Behörden übergeben

Am Sonntagabend konnten alle 48 Überlebenden, darunter 32 Männer, 13 Frauen, ein Kind und zwei Babys, von der SEA-EYE 4 in Vibo Valentia an Land gehen. Die vier Leichen der Menschen, die die dramatische Rettungsaktion am Freitagvormittag (27.10.) nicht überlebt hatten, wurden an die italienischen Behörden übergeben.

Sarg, Disembarkation

Bei der Rettungsaktion waren die flüchtenden Menschen in ihrem überfüllten Schlauchboot vor der sogenannten libyschen Küstenwache geflohen, die das Boot mit gefährlichen Manövern ihres Küstenwachenschiffs bedrängt hatte. Dabei waren einige Menschen ins Wasser gestürzt. Drei Menschen sind beinahe ertrunken und schwebten in Lebensgefahr. Dem medizinischen Team gelang es, zwei Patient*innen zu stabilisieren. Bei der dritten Person handelte es sich um eine schwangere Frau, bei der die Herztöne ihres ungeborenen Kindes nicht mehr nachweisbar waren, wodurch eine lebensbedrohliche Situation, wenn nicht sogar der Tod des Kindes angenommen werden musste.  Die schwangere Frau wurde vor Lampedusa an die italienische Küstenwache übergeben, nachdem diese sich geweigert hatte, eine dringend notwendige medizinische Evakuierung per Helikopter durchzuführen.

Eine Mutter identifizierte gestern unter den vier Leichen ein zwölfjähriges Mädchen als ihre Tochter. Ihr neunjähriger Bruder befindet sich ebenfalls an Bord. Ein junger Mann, der beinahe ertrunken war, identifizierte eine Verstorbene als seine Frau. Mindestens zwei Personen vermissen seit der Begegnung mit der sogenannten libyschen Küstenwache Freunde.

„Das Vorgehen der sogenannten libyschen Küstenwache am Freitag hat wieder einmal gezeigt, wie gefährlich diese Miliz ist. Das sind keine Seenotretter. Es geht ihnen nicht um den Schutz des Lebens. Deren Rücksichtslosigkeit und Unfähigkeit dokumentieren und veröffentlichen wir immer wieder, doch nichts ändert sich. Die Zusammenarbeit der EU-Staaten mit diesen gewalttätigen Milizen muss endlich beendet werden”, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Pressemitteilung zur Rettungsaktion (27.10.23): https://sea-eye.org/schwangere-frau-kampft-auf-der-sea-eye-4-um-ihr-leben-italien-schickt-keine-hilfe/

Vier Tote und drei Personen in akuter Lebensgefahr nach Rettungseinsatz

Am Freitagabend (27.10.2023) kämpft eine Schwangere an Bord des Rettungsschiffs SEA-EYE 4 um ihr Leben. Die Einsatzleitung hat die italienische Seenotleitstelle bereits mehrfach um eine dringend notwendige medizinische Evakuierung gebeten. Italien verwies jedoch jedes Mal auf die libysche Seenotleitstelle und den telemedizinischen Dienst Italiens.

Die libysche Seenotleitstelle antwortete auf den Hilfegesuch auch nach Stunden nicht. Der kontaktierte telemedizinische Dienst Italiens kam zu der Einschätzung, dass eine medizinische Evakuierung notwendig sei. Die italienische Rettungsleitstelle in Rom lehnte jedoch weiterhin jede Verantwortung ab und verwies erneut auf Libyen.

Neben der schwangeren Frau, die an Bord um ihr Leben kämpft, waren noch zwei weitere Personen bei dem Rettungseinsatz ins Wasser gestürzt und durch die Sea-Eye-Crew an Bord des Rettungsschiffs gebracht worden. Die Personen waren beinahe ertrunken, was bedeutet, dass sich in ihren Lungen bereits viel Wasser befand. Die Patient*innen wurden umgehend u. a. mit reinem Sauerstoff behandelt. Unter ihnen befindet sich eine schwangere Frau. Die Herztöne ihres ungeborenen Kindes sind nicht mehr nachweisbar, wodurch eine lebensbedrohliche Situation, wenn nicht sogar der Tod des Kindes angenommen werden muss.

Geflüchtete in Seenot

Italien zwingt uns, dass wir uns mit Libyen, einem failed state, beschäftigen und Zeit verschwenden, anstatt selbst Hilfe zu schicken. Ein Helikopter könnte in unter einer Stunde die Schwangere in akuter Lebensgefahr erreichen. Stattdessen präsentiert sich Italien selbst als Staat, der weder das Leben einer schwangeren Frau noch das eines ungeborenen Kindes respektiert. Das ist ein medizinischer, ethischer und humanitärer Skandal, der vor jedes Gericht dieser Welt getragen werden müsste!“ sagte Jan Ribbeck, Einsatzleiter bei Sea-Eye e. V.

Gegen 20 Uhr wies Italien die SEA-EYE 4 schließlich an, selbst nach Lampedusa zu fahren, um dort die medizinischen Evakuierungen durchzuführen.

Anstatt selbst Hilfe zu schicken, taktiert Italien seit Stunden um die Frage, ob sie für Menschen in akuter Lebensgefahr eine medizinische Evakuierung schicken. Schließlich zwingt Italien die Überlebenden noch auf eine achtstündige Überfahrt nach Lampedusa. Wir fordern von Italien, sofort alle Maßnahmen in die Wege zu leiten, um das Leben der schwangeren Frau an Bord der SEA-EYE 4 zu schützen und schnellstmöglich einen Helikopter zur medizinischen Evakuierung zu schicken“, sagte Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Geflüchtete an Bord der SEA-EYE 4

Italien wies die SEA-EYE 4 zudem an, nach der medizinischen Evakuierung auf Lampedusa den Hafen von Vibo Valentia anzulaufen, um dort die verbliebenen geretteten Menschen von Bord gehen zu lassen.


Ablauf des Rettungseinsatzes

Am Freitagmorgen meldete AlarmPhone der Crew der SEA-EYE 4 einen Seenotfall, den das Rettungsschiff wenig später erreichte. Die sogenannte libysche Küstenwache war bereits vor Ort und die Sea-Eye-Crew dokumentierte, dass sich Menschen im Wasser befanden.

Die sogenannte libysche Küstenwache wies die SEA-EYE 4 per Funk an, sich von der Szene zu entfernen oder sie würden attackiert werden. Während die sogenannte libysche Küstenwache versuchte Menschen aus dem Wasser zu holen, löste sich das Schlauchboot von dem Schiff. Die Menschen flohen vor der gewaltbereiten Miliz. Bei dem Fluchtversuch sind einige Menschen ins Wasser gestürzt, woraufhin die Sea-Eye-Crew Rettungsmittel und ein Rettungsboot ausbrachten. Es gelang der Crew alle Menschen an Bord zu bringen.

Schlauchboot

Allerdings waren drei Personen bewusstlos und dem Tode nah. Zudem fand die Crew im Schlauchboot vier Leichen. Des Weiteren werden Personen aus dem Schlauchboot vermisst, bei denen nicht klar ist, ob sie von der sogenannten libyschen Küstenwache zurückgeführt wurden oder bei deren Einsatz ertranken.

Italienische Küstenwache führte neunstündige Hafenstaatkontrolle durch

Am Freitag erreichte die SEA-EYE 4 den von der italienischen Küstenwache zugewiesenen Hafen in Brindisi. 51 Menschen konnten das Schiff verlassen, die zuvor in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in der libyschen Such- und Rettungszone gerettet worden sind. Die Polizei, 118 Rettungskräfte, Freiwillige des Roten Kreuzes und des Zivilschutzes waren laut Brindisi Report vor Ort.

Wir sind den örtlichen Einsatzkräften von Brindisi sehr dankbar. Die Ausschiffung der Geretteten verlief reibungslos, sehr engagiert und menschlich“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Noch am Freitagabend kündigte der Hafenmeister von Brindisi eine Hafenstaatkontrolle durch die italienische Küstenwache für Samstag an. In den vergangenen Jahren führten solche Hafenstaatkontrollen immer wieder zu Festsetzungen von Seenotrettungsschiffen und zu Streit zwischen der italienischen Küstenwache und den deutschen Flaggenstaatsbehörden.

Die Hafenstaatkontrolle begann am Samstagmorgen gegen 9 Uhr. Zwei Inspekteure der italienischen Küstenwache betraten das Schiff und führten eine intensive technische und nautische Inspektion durch. Die Besatzung musste mehrere Übungen vorführen. Dazu gehörten u.a. das Verlassen des Schiffs im akuten Notfall und Feuerbekämpfungstrainings. Die technische und nautische Ausrüstung, die Schiffszertifikate, die Arbeitsverträge der Crew, die Mannschaftsquartiere, die Unterkünfte Überlebender, das Bordhospital und der Maschinenraum wurden intensiv überprüft. Insgesamt dauerte die Hafenstaatkontrolle neun Stunden und endete gegen 18 Uhr.

Die Inspekteure fanden in einer unvergleichbar intensiven Kontrolle keine Gründe für eine Festsetzung des Schiffes. Die italienische Küstenwache bestätigt uns damit, dass Schiff und Crew im Einklang mit internationalen Vorschriften agieren. Wir sind stolz auf unsere Crew und auf unsere nautisch-technische Abteilung. Jetzt kann das Schiff den laufenden Einsatz fortsetzen, den Hafen verlassen und sofort ins Einsatzgebiet zurückkehren, um dort Menschenleben zu retten“, sagt Isler weiter.