CDU-Kreistagsfraktion Konstanz fordert Sea-Eye zu rechtswidrigem Handeln auf

Ein Antrag der Fraktion stellt eine finanzielle Unterstützung nur dann in Aussicht, wenn der Verein gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

In dem Beschlussantrag, der auf der Tagesordnung des Konstanzer Kreistags am 09.12.2024 steht, wird die zivile Seenotrettungsorganisation dazu aufgefordert, „die aus Seenot aufgegriffenen Menschen zurück zu ihrem Ursprung/-Abfahrtsort, die afrikanische Küste bzw. gegebenenfalls die türkische Küste“ zu bringen. Andernfalls solle die finanzielle Unterstützung durch den Landkreis eingestellt werden. Falls Sea-Eye den vorgeschlagenen illegalen Rückführungen zustimmen würde, wäre die CDU-Fraktion sogar bereit, über eine Erhöhung der Förderung zu diskutieren. Unterzeichnet wurde das Dokument von Bernd Häusler, Fraktionsvorsitzender und Oberbürgermeister der Stadt Singen. 

Dass ein solches Vorgehen völkerrechtswidrig wäre, wird in dem Antrag nicht erwähnt. Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V., kommentiert: „Beim Lesen des Dokuments wird deutlich, dass sich die Verfasser*innen weder mit der geltenden Gesetzgebung noch mit der aktuellen Situation im Mittelmeer beschäftigt haben. Wir werden uns selbstverständlich weiterhin an die Gesetze halten und lehnen eine Unterstützung durch den Landkreis Konstanz unter diesen menschenrechtswidrigen Bedingungen entschieden ab.“

Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention verbieten grundsätzlich die Rückführung von Menschen in Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen drohen. Erst im Februar diesen Jahres hat das oberste italienische Berufungsgericht die Übergabe von Menschen an die sogenannte libysche Küstenwache als Straftat eingestuft, da Libyen aufgrund schwerer Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Vergewaltigung und Mord kein sicherer Ort sei. Zudem schreibt das Internationale Übereinkommen von 1979 zur Seenotrettung vor, dass Menschen in Seenot nicht nur gerettet und medizinisch erstversorgt, sondern auch an einen sicheren Ort („place of safety“) gebracht werden müssen.

Die CDU-Kreistagsfraktion begründet ihren Antrag damit, dass die Präsenz ziviler Seenotrettungsschiffe „Anreize für irreguläre Migration und lebensbedrohliche Migrationsrouten verfestigen“ würde. Diese Argumentation haben bereits mehrere wissenschaftliche Studien – beispielsweise der Universität Potsdam oder des European University Institute und des Italian Institute of International Policy Studies – widerlegt: Ein Zusammenhang zwischen der Anwesenheit ziviler Rettungsschiffe und der Zahl der Menschen, die die gefährliche Überfahrt wagten, wurde durch die Wissenschaftler*innen nicht festgestellt. Vielmehr deuten Analysen darauf hin, dass Fluchtbewegungen über das zentrale Mittelmeer durch Fluchtursachen wie Konflikte, Verfolgungen, ökologische Bedingungen und den Klimawandel beeinflusst werden.