Und ein Appell an Europa: „Flucht ist ein Menschenrecht“

Die ALAN KURDI wurde nach einer erfolgreichen Rettungsmission im September 2020 auf Sardinien festgesetzt. Bei mehreren Rettungseinsätzen rettete die Crew 133 Menschen, darunter 62 Minderjährige. Daraufhin verweigerten die EU-Staaten die Aufnahme der geretteten Menschen. Erst als die ALAN KURDI Kurs auf ihren Zielhafen Marseille nahm, forderte Italien das Rettungsschiff auf, in den Hafen von Olbia einzulaufen. Daraufhin setzte die italienische Küstenwache das Schiff zum zweiten Mal in 2020 fest. Gegen diesen Schritt hat Sea-Eye im Januar Klage eingereicht und wartet seitdem auf den ersten Gerichtstermin.

Joshua war als erster Offizier bei der Rettungsmission im September dabei und ist auch jetzt wieder auf der ALAN KURDI. Wir haben ihm drei Fragen gestellt:

Wie fühlt es sich an, Nachrichten über ertrunkene und vermisste Menschen im Mittelmeer zu lesen, wenn man sich an Bord eines einsatzfähigen Rettungsschiffs befindet und nicht auslaufen darf?

Es ist schwer, sich von solchen schrecklichen Nachrichten nicht überwältigen zu lassen. Die meisten Emotionen, die aufkommen, sind Verzweiflung, Ratlosigkeit und Wut.

Verzweiflung, weil ich weiß, dass wir sofort die Leinen loswerfen könnten, um Menschen in den Stunden ihrer größten Not beistehen zu können. Ich selber fühle mich machtlos, weil wir ein Spielball innerhalb der europäischen Politik sind. Diese scheint von rassistischen Denkmustern durchzogen zu sein. Anders kann ich mir das Sterben auf dem Mittelmeer nicht erklären.

Joshua, erster Offizier der ALAN KURDI

Ratlosigkeit, weil ich nicht weiß, wann und wie es mit der ALAN KURDI weitergeht. Dieses Schiff ist in den letzten 2 Jahren zu meinem zweiten Zuhause geworden und hat vielen Menschen das Leben gerettet sowie eine Chance auf einen Neuanfang in vermeintlicher Sicherheit ermöglicht.

Wut empfinde ich auf Europa und die heutige Gesellschaft. Ein Europa, das lieber das Risiko eingeht, Menschen ertrinken zu lassen, statt private NICHT-Regierungsorganisationen ihre Arbeit tun zu lassen. Eine Arbeit, die nicht durch private Vereine getätigt werden sollte, sondern in der Verantwortung der EU-Mitgliedsstaaten liegt.

Du hast an sechs Rettungsmissionen im Mittelmeer teilgenommen und mit Menschen gesprochen, die gerade dem sicheren Tod entgangen sind. Diese Menschen hatten versucht, in seenuntauglichen Booten das Mittelmeer zu überqueren, um Gewalt und Folter in Libyen zu entkommen. Wie haben diese Menschen die Zeit auf See in diesen Booten beschrieben?

Als wahr gewordener Albtraum. Mir wurde zum Beispiel davon erzählt, wie ein Boot insgesamt 4 Tage unterwegs war. Ohne Verpflegung, Kommunikationsmöglichkeit oder Sonnenschutz. Als wir die Menschen schließlich durch Zufall gefunden haben, waren viele der 60 Menschen bereits dem Verdursten nahe und kaum noch bei Bewusstsein. Später haben sie uns davon erzählt, dass Haie ihr Boot umkreist haben und Handelsschiffe an ihnen vorbeigefahren sind, ohne Hilfe zu leisten. Das ist etwas, was mir immer wieder berichtet wurde: Unterlassene Hilfeleistung von Handelsschiffen, falsche Versprechungen auf Proviant, Benzin und Kommunikationsmöglichkeiten seitens der libyschen Schleuser und pure Angst ums eigene Überleben.

Krankenstation der ALAN KURDI

Obwohl sich die meisten bewusst sind, auf was sie sich einlassen, wenn sie in solch ein Boot steigen, machen sie es jedoch ohne zu zögern, nur um der Hölle auf Erden namens Libyen zu entfliehen. Ich habe Menschen kennengelernt, die bereits mehrfach die Flucht über das Mittelmeer versucht haben und sich damit mehrfach bewusst in Lebensgefahr begeben haben, um in Europa ein bisschen Sicherheit zu finden. Die meisten Menschen, mit denen ich gesprochen habe, würden lieber sterben, als zurück nach Libyen zu gehen.

Was müssen die EU-Staaten tun, damit keine Menschen mehr über das Mittelmeer fliehen müssen?

Die Balkan Route muss geöffnet werden und alternative sichere Fluchtrouten geschaffen werden.

Eine Einreise per Flugzeug sollte möglich werden, um flüchtenden Personen die Möglichkeit zu geben, in den EU-Ländern ihrer Wahl Asyl zu beantragen.

Das neue EU-Migrations- und Asylpaket sollte dahingehend verändert werden, dass die Asylanträge von Personen geprüft werden, welche die erforderlichen fachlichen Kompetenzen vorweisen können wie Psycholog*innen, Menschenrechtsbeauftragte, Migrationsexpert*innen, Jurist*innen etc.

Ressourcenausbeutung in Ländern des Globalen Südens muss sofort gestoppt werden. Klimakatastrophen und Fluchtbewegungen gehen Hand in Hand. Bekämpft man aktiv den Klimawandel und sorgt für ein nachhaltiges Leben, ist dies auch ein erster Schritt gegen Fluchtbewegungen.

Waffen- und Rüstungsexporte in Krisengebiete müssen umgehend unterbunden und aufs Schärfste überwacht werden.

Die EU muss sich bewusst werden, dass sie für die Fluchtgründe der Menschen eine Mitverantwortung trägt und sie deshalb verpflichtet ist, diese zu bekämpfen. Postkoloniale Strukturen müssen aufgebrochen werden, Chancengleichheit ermöglicht und die Grundrechte von Menschen müssen über dem Wirtschaftswachstum stehen.

Zum Schluss hat Joshua noch einen dringenden Appell an die EU und ihre Mitgliedsstaaten.

Die EU muss Flucht als ein Menschenrecht ansehen und dementsprechend handeln. Schützt die Menschen und nicht die Grenzen!

Laut einem Artikel, der am 31. Januar in der Times of Malta veröffentlicht wurde, sind geflüchtete Menschen in Malta unter Aufsicht der maltesischen Behörden schwerer körperlicher und psychischer Gewalt, Misshandlungen und sogar Folter ausgesetzt.

Geflüchtete Personen, die in der Lyster-Kaserne und in der Safi-Haftanstalt inhaftiert sind, haben das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) mit verstörenden Berichten über Missbrauch alarmiert.

Die maltesischen Behörden bestreiten jedoch über diese schweren Missbrauchsfälle informiert worden zu sein und verneinten auch, dass solche Misshandlungen in ihren Haftanstalten stattfinden, obwohl EASO-Beamt*innen angaben, die maltesischen Behörden sofort informiert zu haben.

Menschen, die aus Ländern wie Libyen geflohen waren und in maltesischen Lagern festgehalten wurden, berichteten von Schlägen und Prügel, die Verweigerung medizinischer Versorgung, gebrochene Zähne infolge körperlicher Gewalt und sogar Folter durch Stromschläge.

Der mit der Verhinderung von Folter beauftragte Ausschuss des Europarates (CPT) legte den maltesischen Behörden die Ergebnisse von einem sechstägigen Besuch im September 2020 vor: (.. .) Die vorläufigen Ergebnisse der Delegation wurden den maltesischen Behörden zusammen mit einigen Bemerkungen zum sofortigen Handeln vorgelegt. Ein vollständiger Bericht über den Besuch wird den maltesischen Behörden zu gegebener Zeit übermittelt.

Wie die Augenzeug*innenberichte jedoch deutlich zeigen, hat Malta keinerlei Schritte unternommen, um diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, seit sie erstmals von EASO- und CPT-Beauftragten alarmiert wurden.

Sea-Eye ist über die Situation in maltesischen Haftanstalten entsetzt. Wir mussten in der Vergangenheit bereits gerettete Menschen nach Malta bringen, da Malta als sicherer Ort galt, und äußern daher größte Besorgnis und Empörung über diese grausamen Zustände. Die Berichte über den schweren Missbrauch von schutzsuchenden Menschen sind entsetzlich und wir fordern, dass diese Zustände sofort beendet werden!

Einer der schutzsuchenden Menschen, die durch ein Sea-Eye-Rettungsschiff nach Malta gebracht worden sind, ist Joseph*, der immer noch dort lebt.

Über seine persönlichen Erfahrungen in Malta sagt er: „Ich wurde ohne Grund aus den Lagern geworfen. Zu dieser Zeit war es Winter, stellen Sie sich vor, ich kannte damals niemanden hier in Malta. Ich musste mit meiner Tasche in der Kälte schlafen. Hier in Malta passiert viel. Die Einwanderer*innen hier sind nicht in guter Verfassung, aber sie haben keine Stimme und auch wenn sie eine hätten, wen kümmert es? Malta stellt Bedingungen an den Schutz von Menschen, der aber ein Menschenrecht ist.

Geretteter an Bord der ALAN KURDI

Europa könnte so vieles besser machen – warum tun wir das nicht? Warum kümmern wir uns nicht um die Menschen, wie Joseph es sagt?“, fragt Sophie Weidenhiller, Sprecherin von Sea-Eye.

Sea-Eye weigert sich zu akzeptieren, dass Menschen, die vor Kriegen, Folter und Gewalt geflohen sind, daraufhin durch europäische Behörden der gleichen Art von Misshandlung und Missbrauch ausgesetzt werden. Wir verurteilen alle Menschenrechtsverletzungen aufs Schärfste – egal ob sie außerhalb oder innerhalb Europas verbrochen werden. Wir werden uns weiterhin für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, wann und wo immer dies notwendig ist.

Joseph* floh ursprünglich vor Gewalt und Verfolgung in Zentralafrika, wurde im Bürgerkrieg in Libyen misshandelt und schließlich von Sea-Eye aus Seenot im Mittelmeer gerettet und in Malta an Land gebracht.

*Sein Name und die sensiblen Details seiner Geschichte wurden zu seiner Sicherheit redigiert.
Bei den Fotos in diesem Artikel handelt es sich um Symbolbilder.

Spendenziel erreicht: Kauf und ein Großteil des Umbaus der SEA-EYE 4 gesichert

Die Finanzierung des Kaufs und ein großer Teil der Umbaukosten des neuen Rettungsschiffes SEA-EYE 4 sind gesichert – jetzt gilt es das Schiff schnellstmöglich in den Einsatz zu bringen. Im November 2020 riefen United4Rescue, das Bündnis für die zivile Seenotrettung, und die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e. V. gemeinsam zu Spenden für ein weiteres Rettungsschiff auf. Das Ziel der Spendenkampagne „Drowned Requiem“ lag bei 434.000 € – das ist nun erreicht. United4Rescue ermöglicht damit nicht nur den Kauf des Schiffes, sondern beteiligt sich auch maßgeblich am Umbau der SEA-EYE 4.

„Wir freuen uns sehr, dass die Spendensumme so schnell zusammengekommen ist. Dadurch sind wir auf der Zielgeraden und können schon bald wieder ein Rettungsschiff in den Einsatz schicken, um Menschenleben im Mittelmeer zu retten“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

„Wir sind sehr dankbar dafür, so großartige Unterstützer:innen an unserer Seite zu haben. Innerhalb von wenigen Wochen konnten wir so das Spendenziel für die SEA-EYE 4 erreichen. Das zeigt auch, wie viele Menschen es in unserem Land gibt, die dem Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zuschauen wollen“, sagt Michael Schwickart aus dem Vorstand von United4Rescue.

Mehrkosten für internationalen SOLAS-Standard

Die Arbeiten an der SEA-EYE 4 sind in den letzten Monaten trotz der Pandemie sehr gut vorangekommen, sodass Sea-Eye entschieden hat, die SEA-EYE 4 nach dem sogenannten „SOLAS-Standard“ zertifizieren zu lassen. Dieser Standard wird es ermöglichen, höhere Sicherheitsanforderungen für die Crew und die Geretteten zu erfüllen. Die letzten Umbaumaßnahmen dafür sollen im Februar enden. Dazu benötigt Sea-Eye noch 350.000 € Spenden.

Werftarbeiten auf der SEA-EYE 4

SEA-EYE 4 voraussichtlich ab Frühjahr 2021 im Einsatz

Aktuell befindet sich die SEA-EYE 4 für umfassende Umbauarbeiten in einer Werft. Das ehemalige Offshore-Versorgungsschiff (Baujahr 1972) ist mit 55 m Länge und 11 m Breite deutlich größer und besser ausgestattet als die ALAN KURDI, das derzeitige Rettungsschiff von Sea-Eye.

„Die SEA-EYE 4 ist aufgrund ihrer Bauweise ideal für Rettungseinsätze geeignet und bietet alles, was wir benötigen – wir danken mehr als 200 ehrenamtlichen Werfthelfer:innen für die unschätzbar wertvolle Arbeit der vergangenen Monate“, sagt Dominik Reisinger, technischer Vorstand von Sea-Eye e. V.

Werftarbeiten auf der SEA-EYE 4

Das neue Rettungsschiff soll am 28.02.2021 offiziell getauft und daraufhin ins Mittelmeer überführt werden. Von dort aus wird die SEA-EYE 4 voraussichtlich im Frühjahr 2021 in den ersten Einsatz starten. United4Rescue möchte Sea-Eye auch bei dieser Aufgabe unterstützen und wird in den kommenden Wochen Spenden für die erste Rettungsmission sammeln.

„Die letzten Wochen haben wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, zivile Rettungsschiffe in den Einsatz zu schicken. 2021 sind bereits 124 Menschen auf ihrer Flucht im Mittelmeer ertrunken, zahlreiche wurden von der libyschen Küstenwache zurück nach Libyen gebracht. Deshalb unterstützen wir Sea-Eye natürlich auch weiterhin dabei, die SEA-EYE 4 so schnell wie möglich in den Einsatz zu bringen und Menschenleben zu retten“, so Schwickart.

Weiteres ziviles Rettungsschiff dringend notwendig

Die Lage auf dem Mittelmeer ist nach wie vor dramatisch. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ignorieren weiterhin ihre staatliche Pflicht zur Seenotrettung – und das obwohl mangels sicherer, legaler Fluchtwege immer noch tausende Menschen die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer wagen. Die zivile Seenotrettung versucht nach Kräften dieses politische Versagen aufzufangen. Dabei ist es für die Rettungsorganisationen unmöglich das große Suchgebiet abzudecken, zumal die Rettungsschiffe immer wieder aus politischen Gründen behindert und festgesetzt werden. So befand sich im letzten Jahr teils über viele Wochen kein einziges Schiff im Einsatz. United4Rescue setzt sich daher nicht nur für den Kauf neuer Schiffe ein, sondern unterstützt Rettungsorganisationen auch dabei, festgesetzte Schiffe wieder freizubekommen. So konnte, auch dank der Unterstützung von United4Rescue, erst vor kurzem das Rettungsschiff OCEAN VIKING von der Organisation SOS Méditerranée wieder in den Einsatz gehen und 798 Menschen in Sicherheit bringen.

„Leider ertrinken auch weiterhin fast täglich Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer und Europa schaut weiter tatenlos zu. Wir unterstützen diverse Seenotrettungsorganisationen sowohl finanziell als auch politisch – dafür sind wir auch 2021 weiter auf Spenden angewiesen“, so Schwickart.

Hans und Susanne Sigl unterstützen das neue Rettungsschiff SEA-EYE 4

Der österreichische Schauspieler Hans Sigl, unter anderem bekannt durch die ZDF-Serie „Der Bergdoktor“, spielte am Samstag, dem 30. Januar 2021, mit seiner Frau Susanne in der ARD-Show „Das Quiz mit Jörg Pilawa“ im Prominenten-Special für den guten Zweck. Am Ende gewann das Paar 30.000 €, die sie der Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye zukommen lassen.

Der Betrag wird von Sea-Eye für die Ausrüstung des neuen Schiffs SEA-EYE 4 verwendet werden, das sich zurzeit in der finalen Umbauphase zum Rettungsschiff befindet. Für die letzten Meter der Umbauarbeiten ist Sea-Eye immer noch auf Spenden angewiesen, denn die SEA-EYE 4 soll schon Anfang März ins Mittelmeer überführt werden und von dort möglichst schnell in den ersten Einsatz starten.

Hans Sigl

Ich unterstütze die Arbeit von Sea-Eye im Mittelmeer, da wir niemals akzeptieren dürfen, dass Menschen spurlos verschwinden“, sagt Hans Sigl zu seinem Engagement für Sea-Eye.

Im Jahr 2021 sind schon mindestens 105 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Unsere Hilfe wird dringend benötigt. Wir danken Hans und Susanne Sigl für ihre großartige Unterstützung, damit wir die SEA-EYE 4 möglichst bald in den Einsatz schicken können“, so Kai Echelmeyer von Sea-Eye e. V.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) engagiert sich schon seit einigen Jahren in der Seenotrettung und unterstützt verschiedene Seenotrettungsorganisationen, darunter auch Sea-Eye e. V., regelmäßig finanziell. Mit der Gründung des Bündnisses für zivile Seenotrettung – United4Rescue (Gemeinsam Retten e. V.) – wurde dieses Engagement noch sichtbarer, weil sich hunderte zivile Akteur*innen in diesem Bündnis versammelten. Gemeinsam wurde das erste Bündnisschiff SEA-WATCH 4, das mehr als 300 Menschen vor dem Ertrinken rettete, in den Einsatz geschickt.

Nun haben drei (Erz-) Bistümer, München und Freising, Paderborn und Trier, verkündet, dass sie dem zweiten Bündnisschiff SEA-EYE 4 mit einer gemeinsamen Spende und Erklärung Rückenwind geben werden. Aber auch das Engagement der katholischen Kirche ist nicht neu. Einzelne (Erz-) Bistümer unterstützen die zivilen Seenotretter*innen schon seit mehreren Jahren.

So stellte das Bistum Regensburg für Sea-Eye Ressourcen in der Krisenberatung und Traumabewältigung für Sea-Eye-Crews zur Verfügung. Das Bistum Hildesheim unterstützte Sea-Eye finanziell und die Caritas Hildesheim entwickelte das 11. Gebot „Du sollst nicht ertrinken lassen“ zur Unterstützung der Seenotrettung und sammelte Spenden für Sea-Eye.

Kardinal Reinhard Marx unterstützt seit 2018 die Rettung von Menschenleben im Mittelmeer mit Spenden an die Seenotrettungsorganisationen Mission Lifeline, SOS Méditerranée, United4Rescue und Sea-Eye. Das Erzbistum Paderborn ist seit 2019 an der Seite von Sea-Eye aktiv und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Sea-Eye’s Rettungsschiff ALAN KURDI in einer Zeit einsatzbereit blieb, als Matteo Salvini praktisch die gesamte Seenotrettung lahmlegte. Mit der finanziellen Unterstützung aus Paderborn rettete Sea-Eye hunderte Menschenleben.

Generalvikar: Alfons Hardt

Die wiederholte Unterstützung des Erzbistums Paderborn begründet Generalvikar Alfons Hardt: „Als Christen können wir nicht anders, als Menschen in Not zu helfen. Wir dürfen und wollen Menschen nicht ertrinken lassen. Die Unterstützung der Seenotrettung ist ein bewusstes Zeichen des gelebten Glaubens. Jeder Mensch ist von Gott als sein Ebenbild geschaffen. Jedes Menschenleben ist gleich viel wert. Das ist unser Verständnis von der unverlierbaren Menschenwürde ohne Ansehen der Person. Da ist uns unser Glaube Auftrag und Pflicht.

Er ist stärker als alle Angst und Verunsicherung und führt auch zu weiterem christlichem Engagement bei der Hilfe für Flüchtlinge bis hin zu ihrer Integration. Auch symbolische Taten und kleine Beiträge zur Unterstützung sind wichtig. Sicher können wir die Welt nicht retten. Aber es ist schon viel gewonnen, wenn wir das tun, was wir können. Wie es aktuell aussieht, müssen wir das auch weiterhin. Denn solange keine tragfähigen politischen Lösungen für eine wirksame Seenotrettung im Mittelmeer und gegen die eigentlichen Ursachen der Fluchtbewegungen gefunden sind, bleibt es unverzichtbar, sich als Christ für seine Mitmenschen in Not einzusetzen und sie vor dem Ertrinken zu retten.“

Immer mehr Institutionen und Akteur*innen versammeln sich hinter den Seenotretter*innen. Diesem Unterstützerkreis hat sich nun auch das älteste deutsche Bistum in Trier angeschlossen. So schreibt Dr. Ulrich von Plettenberg, Generalvikar im Bistum Trier, zum aktuellen Engagement des Bistums für die SEA-EYE 4:

Generalvikar: Dr. Ulrich von Plettenberg

„Wir setzen uns für die Bewahrung des Lebens zu jeder Zeit ein. In diesem Fall geht es darum, Leben zu retten. Wir können nicht tatenlos zusehen, wie quasi vor unserer Haustüre Menschen ertrinken. Den Verein Sea-Eye mit seinem Vorsitzenden Gorden Isler habe ich als glaubwürdige, uneigennützige und weltoffene Gruppe kennengelernt. Das Thema Seenotrettung bewegt viele Menschen im Bistum Trier. Das zeige das vielfältige Engagement etwa verschiedener Jugendgruppen, Pfarreien und Dekanate, Verbände oder des Katholikenrats im Bistum Trier. „Bei allen wichtigen innerkirchlichen Themen dürfen wir den Blick über den Tellerrand hinaus nie vergessen.“

Die gemeinsame Erklärung und die Spenden aller drei (Erz-) Bistümer an Sea-Eye sind ein wichtiges, sichtbares Signal an die eigene Kirche, an die Politik, an die Gesellschaft und an ein wachsendes Bündnis hinter den zivilen Seenotretter*innen. Wie die evangelische Pastorin Sandra Bils im Jahr 2019 unmissverständlich und klar formulierte: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt!“

Gemeinsame Pressemitteilung der katholischen (Erz-)Bistümer München und Freising, Paderborn und Trier

München und Freising, Paderborn und Trier spenden 125.000 Euro an Hilfsorganisation Sea-Eye

Die deutsche Hilfsorganisation zur Seenotrettung Sea-Eye wird mit insgesamt 125.000 Euro von den drei katholischen (Erz-)Bistümern München und Freising, Paderborn sowie Trier unterstützt. Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, spendet 50.000 Euro aus den Haushaltsmitteln, die ihm aus dem Etat der Erzdiözese für soziale, caritative und weltkirchliche Zwecke bereitstehen, um zügig und unbürokratisch zu helfen. Für das Bistum Trier stellt Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg 25.000 Euro aus den Rücklagen seines Budgets zur Verfügung. Weitere 50.000 Euro aus dem Etat für pastorale Sonderaktivitäten des Generalvikars steuert für das Erzbistum Paderborn Generalvikar Alfons Hardt bei.

Mit der Unterstützung der katholischen Bistümer soll die Überführung des Schiffs Sea-Eye 4 ins Mittelmeer finanziert werden. „Die Spenden der katholischen Bistümer München und Freising, Paderborn und Trier ermöglichen es uns, die SEA-EYE 4 nach den Werftarbeiten unverzüglich ins Einsatzgebiet zu schicken. Durch den Rückenwind der katholischen Bistümer haben Sea-Eye und United4Rescue die Möglichkeit, zukünftige Spenden für die Werft- und Einsatzkosten zu verwenden. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V. „Auf bemerkenswerte Weise machen die drei Bistümer das Engagement der katholischen Kirche unmissverständlich und gemeinsam sichtbar“, fügt Isler hinzu.

Die SEA-EYE 4 soll für ihren ersten Rettungseinsatz im Frühjahr ins Mittelmeer überführt werden. Es handelt sich um das vierte Rettungsschiff der Regensburger Seenotrettungsorganisation und zeitgleich um das zweite Bündnisschiff des zivilgesellschaftlichen Bündnisses für die Seenotrettung United4Rescue. Mit den Schiffen SEA-EYE, SEEFUCHS und ALAN KURDI beteiligte sich Sea-Eye seit 2015 an der Rettung von mehr als 15.000 Menschenleben.

Die Erzdiözese München und Freising unterstützt daneben mit 50.000 Euro aus ihrem Katastrophenfonds die Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Kai besucht die SEA-EYE 4

Die Umbauarbeiten zum Rettungsschiff sind eine spannende Angelegenheit. Viele verschiedene Gewerke arbeiten auf der SEA-EYE 4, um das ehemalige Forschungsschiff für seinen lebensrettenden Einsatz auszurüsten. Aber was genau ist auf der SEA-EYE 4 los? Kai ist zur Werft gefahren, um die Werftcrew zu treffen. In seinem neusten Video steigt Kai mit Maschinist Simon tief hinab in die SEA-EYE 4.

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Weitere Videos von Kais Besuch auf der Werft findet ihr auf unserem YouTube-Kanal. Ihre Spende hilft dabei, die SEA-EYE 4 für den Einsatz auszurüsten.

Mindestens 105 Menschen verloren im Januar bereits ihr Leben im Mittelmeer

Der erste Monat in diesem Jahr ist noch nicht vorbei und es gibt bereits 105 dokumentierte Fälle von geflüchteten Menschen, die ihr Leben im Mittelmeer verloren haben. 105 Menschen, die wir als Europäische Union im Mittelmeer verloren haben.

105 Menschen haben gehofft, in diesem Jahr in der Europäischen Union Sicherheit und Frieden zu finden. Sie sind auf ihrer Flucht gestorben, weil die internationale Gemeinschaft sich nicht um sie gekümmert und sie stattdessen da draußen auf dem Meer völlig alleine gelassen hat. Schon wieder mussten 105 Menschen ertrinken, weil es noch immer keine staatliche Seenotrettung gibt. Stattdessen werden die zivilen Seenotrettungsorganisationen von Regierungen und Behörden der EU-Mitgliedsstaaten insbesondere auch vom deutschen Innenministerium und der italienischen Küstenwache behindert und blockiert.

Dabei steht auch fest, dass dies bloß die Zahl der Toten ist, die von der Internationalen Organisation für Migration offiziell dokumentiert werden konnte. Die Dunkelziffer liegt dabei noch wesentlich höher, denn viele Körper verschwinden im Meer und erscheinen nicht mal als Zahl in der Statistik. Für die Angehörigen derer, die auf See verschollen oder ertrunken sind, sind diese Menschen keine Zahlen in einer Statistik. Stattdessen müssen sie damit leben, dass sie keine Gewissheit haben, was mit ihren Müttern und Vätern, Onkeln und Tanten, Söhnen und Töchtern, Schwestern und Brüdern oder ihren Freund*innen passiert ist.

Jedes einzelne Menschenleben ist kostbar, jede Person hat das Recht auf ein Leben in Sicherheit und Freiheit. Wir werden auch 2021 alles in unserer Macht Stehende tun, um so viele Menschen wie möglich vor diesem grauenhaften Schicksal auf See zu bewahren.

Kämpfen Sie gemeinsam mit uns dafür, dass dieses sinnlose Massensterben endlich aufhört. Derzeit bauen wir die SEA-EYE 4 zum Rettungsschiff um und planen im Frühjahr in den Einsatz aufzubrechen. Dafür benötigen wir aber noch Spenden. Bitte helfen Sie uns.

Bei dem Titelfoto handelt es sich um ein Symbolbild.

In dieser Woche wurde die Entscheidung getroffen, die Partnerschaft zwischen Sea-Eye und MOAS zu beenden. Beide Organisationen bleiben der Rettung von Menschenleben auf See und ihrem humanitären Auftrag verbunden.

Obwohl die Partnerschaft nicht zu einem gemeinsamen Einsatz im Jahr 2021 führt, sind wir der Meinung, dass die strategische Planung und die bisherige prozessuale Zusammenarbeit für beide Parteien von Vorteil waren.

Die unterschiedlichen Herangehensweisen und Methoden, die in die Partnerschaft eingebracht wurden, haben auf beiden Seiten Möglichkeiten zum Lernen und Wachsen geschaffen.

Es wurde jedoch beschlossen, dass es für beide Seiten von Vorteil wäre, wenn beide Parteien zum jetzigen Zeitpunkt unabhängig voneinander operative Maßnahmen entwickeln würden.

Bei Such- und Rettungsmissionen geht es um die Zusammenarbeit aller Akteure zu Wasser, zu Lande und in der Luft, um möglichst viele Menschenleben zu retten, wenn es darauf ankommt. Wir hoffen, dass diese kurze, aber effektive Zusammenarbeit mit Sea-Eye zusätzliche Ratschläge und Fachwissen geliefert hat, damit sie bei ihrem bevorstehenden Einsatz im zentralen Mittelmeer möglichst viele Menschenleben retten können“, sagte Regina Catrambone, Direktorin von MOAS.

Es war eine sehr wichtige Erfahrung, mit dem Team von MOAS zusammenzuarbeiten, und wir danken ihnen für die Zusammenarbeit, von der unsere zukünftigen Rettungsmissionen profitieren werden. Auch unser Team hat von der Expertise von MOAS gelernt. Wir fühlen uns bestens vorbereitet, um unsere Rettungseinsätze mit der SEA-EYE 4 durchzuführen“, sagte Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Das Schiff SEA-EYE 4 wird derzeit zum Rettungsschiff umgebaut und soll im Frühjahr in den ersten Einsatz starten.

Italienische Küstenwache verweigert weitere Inspektionen

Seit drei Monaten hält die italienische Küstenwache das Sea-Eye-Rettungsschiff ALAN KURDI in Olbia auf Sardinien fest. Gegen die Festsetzung reichte Sea-Eye am 05. Januar 2021 Klage beim Verwaltungsgericht in Cagliari ein. Das Gericht soll nun in einem Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung entscheiden. Es war die zweite Festsetzung des Schiffes in Folge eines Rettungseinsatzes im vergangenen Jahr. Im September hatte die Crew der ALAN KURDI 133 Menschen gerettet, darunter 62 Minderjährige.

Die italienische Küstenwache argumentiert unter anderem, dass das Schiff zu wenig Toiletten an Bord hätte, die Fäkalientanks seien zu klein und es seien zu viele Rettungswesten an Bord. Es sind die gleichen politisch motivierten Argumente, die von der Küstenwache auch gegen andere deutsche Rettungsschiffe vorgetragen werden.

Zuletzt verweigerte die italienische Küstenwache weitere Inspektionen zur Beendigung der Festsetzung. Als Argument wurde angeführt, dass die Erklärungen der deutschen Flaggenstaatsverwaltung und der Klassifikationsgesellschaft „keine eindeutigen Beweise und Belege“ dafür wären, dass die Beanstandungen des Schiffes behoben seien.

Die Küstenwache nimmt aus rein politischen Motiven bewusst eine grundsätzlich gegensätzliche Haltung zu den deutschen Kolleg*innen ein und schafft so eine unauflösbare Situation. Deshalb können wir praktisch nichts Anderes tun als erneut zu klagen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Mit Blick auf das Gerichtsverfahren der Seenotrettungsorganisation Sea-Watch, deren Klage gegen die Festsetzung zweier Rettungsschiffe am 23. Dezember 2020 vom Verwaltungsgericht in Palermo an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen wurde, sagt Isler weiter:

Wir befürchten, dass unser Fall ebenfalls an den EuGH verwiesen wird. Ein mehrjähriges Verfahren würde große Probleme verursachen und grundsätzliche Fragen aufwerfen. Auch ein blockiertes Schiff kostet viel Geld. Das sind Spenden, die wir lieber in die Ausrüstung unseres neuen Rettungsschiffes SEA-EYE 4 investieren wollten, um Menschenleben zu retten, statt vor Gericht über politisch motivierte Scheinargumente zu streiten.

Im August wehrte sich Sea-Eye zum ersten Mal gegen die Festsetzung der ALAN KURDI vom 5. Mai. Bis heute gibt es in dieser Sache jedoch noch keinen Verhandlungstermin.