SEA-EYE 4 rettet über 400 Menschen auf erster Rettungsmission

Hilfsorganisationen müssen ohne staatliche Unterstützung operieren

Die Crew des neuen Bündnisschiffs SEA-EYE 4 rettete im Laufe des Sonntags und Montags, 16. und 17.05.2021, in sechs Rettungseinsätzen über 400 Menschen aus hochseeuntauglichen Booten. Alle Menschen wurden an Bord der SEA-EYE 4 gebracht und medizinisch untersucht. Unter den Geretteten sind viele Kinder, ein 8 Monate junges Baby und mehrere Schwangere.

Die EU-Staaten haben auf dem zentralen Mittelmeer die fortwährende humanitäre Krise immer weiter eskaliert. Die Flucht wird immer gefährlicher, weil sich die Menschen nicht einmal mehr trauen, um Hilfe zu rufen, denn die europäischen Rettungsleitstellen schicken ihnen nur noch die sogenannte libysche Küstenwache“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Einsatzcrew der SEA-EYE 4

Die SEA-EYE 4 hat zum ersten Mal Leben gerettet – was für großartige Nachrichten! Wir sind sehr glücklich und stolz, dass unser zweites Bündnisschiff über 400 Menschen in Sicherheit bringen konnte. Die Pflicht zur Seenotrettung ist ein Völkerrecht – auch wenn diese Pflicht aktuell nur von der zivilen Seenotrettung wahrgenommen wird und nicht von den Mitgliedstaaten der EU“, sagt Thies Gundlach, Vorsitzender von United4Rescue.

Zum ersten Mal unterstützt German Doctors einen Rettungseinsatz von Sea-Eye operativ. An Bord hat der Einsatzarzt, Stefan Mees, die Geretteten untersucht: „25 Menschen mussten wir im Bordhospital länger behandeln. Darunter befanden sich 3 Schwangere – eine davon ist im 8. Monat. 3 kleine Kinder waren ebenfalls in einem schlechten Zustand; wir konnten sie aber inzwischen stabilisieren. Bei einem Mann haben wir eine Lungenentzündung diagnostiziert. Zur Sicherheit haben wir bei ihm einen Corona-Test durchgeführt, der glücklicherweise negativ ausfiel. Die häufigsten Diagnosen waren: Unterkühlung, Austrocknung, Unterernährung sowie Seekrankheit und Ohnmacht.

SEA-EYE 4: Krankenstation

Sogenannte libysche Küstenwache verschleppt hunderte Menschen in das Bürgerkriegsland

In den letzten 48 Stunden hat die sogenannte libysche Küstenwache hunderte Menschen in das Bürgerkriegsland zurückverschleppt. Damit drohen ihnen Internierung und schwerste Menschenrechtsverletzungen. Wie frühere Medienberichte zeigen, arbeitet Frontex mit der sogenannten libyschen Küstenwache zusammen. Auch die Crew der SEA-EYE 4 hat dies bereits beobachtet. So wurde der Crew am Freitag ein Notruf von ca. 50 Menschen auf einem kleinen Holzboot von Alarm Phone weitergeleitet. Als die Crew das Boot fand, fehlte von den Menschen jede Spur. Während des Einsatzes sichtete die SEA-EYE 4 ein Frontex-Flugzeug.

Leeres Boot

Da Frontex der sogenannten libyschen Küstenwache die Koordinaten von Booten mit Schutzsuchenden direkt oder indirekt mitteilt, müssen wir annehmen, dass diese Menschen auf Veranlassung der EU-Staaten Opfer einer weiteren rechtswidrigen Zurückweisung geworden sind und die Menschen in die Internierungslager Libyens zurückgebracht wurden“, so Isler.

Bei der dritten Rettung am gestrigen Tag wurde die Crew auf ein Boot aufmerksam, weil ein Frontex-Flugzeug unweit der SEA-EYE 4 kreiste, allerdings ohne Sea-Eye direkt über den Seenotfall zu informieren. Auf dem Boot befanden sich weitere 50 Menschen.

Die EU-Staaten benutzen die libysche Küstenwache, um Menschen in einen über zehn Jahre dauernden Bürgerkrieg zu verschleppen. Allen ist klar, was gerade passiert. Die EU-Staaten wollen diese Menschen lieber tot oder in Libyen sehen, als für sie Verantwortung zu übernehmen“, betont Isler.