Seeblockade für die ALAN KURDI vor Lampedusa hält an

Kein Hafen für deutsches Rettungsschiff trotz politischer Lösung

Die Situation an Bord des deutschen Rettungsschiffs ALAN KURDI spitzt sich weiter zu. Auf der Innenministerkonferenz verkündete Bundesinnenminister Horst Seehofer bereits am Dienstag, dass es eine politische Lösung für die von der ALAN KURDI geretteten Menschen gäbe. Das Auswärtige Amt und die EU-Kommission bestätigten das gegenüber Sea-Eye. Die Blockade vor Lampedusa hält trotz dieser Aussagen weiter an.

Die italienische Seenotleitstelle Rom teilte der Kapitänin Bärbel Beuse am Dienstag auf Nachfrage mit, dass man keine Informationen dazu habe. Anfragen des Schiffes leite die Rettungsleitstelle an die „zuständigen Behörden“ weiter.

Bei ihrem Einsatz am letzten Samstag wurden unsere Crewmitglieder zusammen mit den Geretteten Opfer eines gewaltsamen, bewaffneten Überfalls. Bei der Nachbesprechung des Einsatzes am Sonntag brachen viele von ihnen in Tränen aus. Niemand von unserer Crew hat damit gerechnet, in libysche Gewehrläufe schauen zu müssen, als sie sich freiwillig für einen Rettungseinsatz meldeten.

Auf den Videos der Helmkameras sieht man, was die Rettungscrew der ALAN KURDI durchlebt hat. Die Gespräche zwischen den Besatzungsmitgliedern zeigen, wie ernst die Lage am Samstag wirklich war. Trotz dieser traumatisierenden Erfahrungen und der besonders gravierenden Umstände dieses Rettungseinsatzes müssen 17 Besatzungsmitglieder und 90 gerettete Menschen weiter auf der ALAN KURDI ausharren.

„Wenn es eine politische Lösung gibt, worauf lässt man uns dann jetzt noch warten?“, fragt Crewmitglied Karsten Jäger, der die Ereignisse vom Samstag als Medienkoordinator dokumentierte.

Die Seeblockade der ALAN KURDI hält nun seit fünf Tagen an. Die Wasser- und Lebensmittelvorräte werden knapp. Der Zustand einiger Geretteter verschlechtert sich zusehends. Viele von ihnen haben Grausames durchlebt. Das Sea-Eye-Schiff fährt unter der Bundesflagge. Italien verletzt wiederholt auch Rechte des Flaggenstaates der ALAN KURDI. Gegenüber Sea-Eye versichern die deutschen Behörden, dass man bei den italienischen Kollegen auf „eine rasche Lösung dränge“. Über die Gründe für die andauernde Blockade, trotzt politischer Regelung der Verteilung der Geretteten, kann man bei Sea-Eye nur spekulieren.

„Möglicherweise möchte man genau wie bei der Sea-Watch 3 und der Eleonore warten, bis die Kapitänin den Notstand erklären und sich Zugang zu einem Hafen verschaffen muss“, vermutet Isler.

Die „Sea-Watch 3“ und die „Eleonore“ sind seither in italienischen Häfen blockiert worden.

„Zwar bleiben Beleidigungen durch italienische Minister seit dem Regierungswechsel aus, für einen wirklichen Kurswechsel gibt es aber keine messbaren Anzeichen“, sagt Isler weiter.

Doch auch aus der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag hört man wenig Konkretes zu dem bewaffneten Überfall auf das einzige, deutsche Rettungsschiff. Die Wahlergebnisse in Thüringen scheinen wichtiger zu seien, als das Leben der ALAN KURDI Crew.

„Das muss man sich mal klarmachen. Da wird bei einem Rettungseinsatz von deutschen Rettungskräften scharf geschossen und in Deutschland redet der Innenminister nun über einen Verhaltenskodex für Seenotretter. Das ist so, als würde man dem Opfer eines Verbrechens Verhaltensänderungen empfehlen wollen, um so den Straftätern keine weiteren Gelegenheiten zu geben, erneut Verbrechen gegen uns zu begehen“, sagt Isler weiter.