Odyssee des Rettungsschiffes ALAN KURDI endet

Rotes Kreuz evakuiert 146 Gerettete auf italienisches Quarantäneschiff

  • beispiellose Solidarität für ALAN KURDIs Mission
  • Bundesinnenministerium appellierte, die Rettungen einzustellen
  • Crew der ALAN KURDI erwartet 14-tägige Quarantäne

Nach einer fast zweiwöchigen Blockade endete die Odyssee des deutschen Rettungsschiffes ALAN KURDI am Freitag vor dem Hafen von Palermo. Bereits am Ostersonntag schlugen die italienische Verkehrsministerin Paola De Micheli und der Leiter des Zivilschutzes Angelo Borelli vor, die geretteten Menschen an Bord des deutschen Rettungsschiffes auf ein größeres, geeigneteres Schiff zu übernehmen. Dort könnten sie einerseits unter Quarantäne gestellt und andererseits besser und sicherer versorgt werden. Am Donnerstagabend schließlich bestätigten die italienischen und die deutschen Behörden die konkrete Umsetzung des Vorhabens für Freitagvormittag.

„Die Situation auf der ALAN KURDI war bereits seit Tagen untragbar. Wir sind unendlich erleichtert, dass diese Blockade endlich endet“, sagte Jan Ribbeck, Missionsleiter für Sea-Eye.

Rotes Kreuz evakuiert 146 Gerettete auf italienisches Quarantäneschiff

Italienische Küstenwache

Unter Koordinierung des italienischen Roten Kreuzes begann am Freitagnachmittag die Evakuierung für 146 gerettete Menschen auf das italienische Passagierschiff RAFFAELE RUBATTINO. Mehrere Schiffe der italienischen Küstenwache, unter anderem das Schiff DICIOTTI, waren in den Transfer der Menschen auf die RAFFAELE RUBATTINO eingebunden.

Ausschiffung

Auf dem italienischen Fährschiff sollen die Menschen nun für weitere 14 Tage unter Quarantäne gestellt werden. Unklar ist bisher, wie es für die Menschen anschließend weitergeht. Italien hat seine Häfen für die Ausschiffung von aus Seenot geretteten Menschen vorübergehend wegen des gesundheitlichen Notstandes geschlossen. Über einen Ausschiffungshafen und die Verteilung der Geflüchteten hatten die Behörden bis zum Freitag keine Pläne veröffentlicht.

„Es ist jetzt sehr wichtig, auch an die geretteten Menschen des spanischen Schiffes AITA MARI zu denken. Auch auf diesem Schiff warten noch rund 40 Menschen auf eine humanitäre Lösung“, sagte Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye.

Beispiellose Solidarität für ALAN KURDIs Mission

Während der Blockade erfuhren Sea-Eye und die ALAN KURDI insbesondere in Italien eine bisher beispiellose Solidarität. Nach einem Brief des italienischen Seenotretters Luca Casarini an Papst Franziskus antwortete das Kirchenoberhaupt und stellte sich unmissverständlich hinter alle zivilen Seenotretter*innen. Besonders hervorzuheben ist jedoch das Engagement des Bürgermeisters von Palermo. Leoluca Orlando stand in regelmäßigem Kontakt zu Missionsleiter Jan Ribbeck und erkundigte sich täglich nach den Menschen auf der ALAN KURDI.

„Man kann sagen, dass Leoluca Orlando ein wichtiger Anwalt der Menschenrechte der geretteten Menschen und auch unserer Crew auf der ALAN KURDI war. Sein Engagement war für das Ende dieser Blockade unentbehrlich wichtig“, sagt Missionsleiter Jan Ribbeck von Sea-Eye.

Doch auch die Seenotretter*innen von Mediterranea und Sea-Watch-Italy insistierten bei der Regierung in Rom. Sie setzten sich dafür ein, dass die Seenotrettung fortgesetzt werden müsse und dass die Schiffe ALAN KURDI und AITA MARI sichere Häfen bekommen. Für die AITA MARI steht eine solche Lösung aber noch aus.

Bundesinnenministerium appellierte, die Rettungen einzustellen

Während der Rettungen vor 11 Tagen hatte ein Brief des Bundesinnenministeriums die Einsatzleitung erreicht. Darin wurde an deutsche Seenotrettungsorganisationen appelliert, Rettungsaktionen einzustellen und Schiffe gegebenenfalls zurückzurufen, weil es an Ausschiffungshäfen im zentralen Mittelmeer fehle. Zu diesem Zeitpunkt hatte die ALAN KURDI bereits 150 Menschenleben gerettet.

„Man kann nicht von uns verlangen, die Rettung von Menschenleben einzustellen, während die selben Politiker*innen in Deutschland fordern, dass alles Menschenmögliche dazu beigetragen werden muss, um möglichst viele Menschenleben zu retten“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye.

Crew der ALAN KURDI erwartet 14-tägige Quarantäne

Der Crew der ALAN KURDI steht nun ebenfalls eine 14-tägige Quarantäne bevor. Das Schiff soll dazu vor Palermo vor Anker liegen. Die nächste geplante Rettungsmission von Sea-Eye fällt diesen Umständen zum Opfer. Die Corona-Krise führte jedoch nicht nur zu operativen Problemen. So wie viele Hilfsorganisationen beklagt auch Sea-Eye einen hohen Spendenrückgang.

„Wir wollen gern alles tun, um einen Rettungseinsatz im Mai starten zu können. Menschen wegen der Corona-Krise ertrinken zu lassen, ist ein genauso schlechter Grund wie jeder andere Grund, der bisher in dieser Debatte vorgetragen worden ist“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye.