SEA-EYE 4 startet mit breiter Unterstützung in den vierten Einsatz
Erstmaliger Einsatz von Bundesmitteln für zivilen Seenotrettungseinsatz
Am Freitagnachmittag (13.10.2023) verließ das deutsche Rettungsschiff SEA-EYE 4 den Hafen der spanischen Stadt Burriana und brach in den vierten Einsatz des Jahres auf. Es ist der erste Einsatz, der zum Teil aus Bundesmitteln finanziert wird. Der Bundestag beschloss im November 2022 die Förderung der zivilen Seenotrettung mit Haushaltsmitteln. Das Auswärtige Amt setzte den Beschluss nun um und bewilligte einen Antrag auf Förderung von Rettungseinsätzen mit der SEA-EYE 4.
An der gesamten Finanzierung der Mission ist jedoch ein breites Bündnis beteiligt. Neben hunderten Privatspender*innen wird der aktuelle Einsatz auch durch Förderungen der UNO-Flüchtlingshilfe, der Deutschen Postcode Lotterie und mit kommunalen Mitteln der Städte Wolfsburg und Greifswald sichergestellt.
„Die zivile Seenotrettung wird von einem immer breiteren Bündnis unterstützt. Dass die Bundesregierung nun nach so vielen Jahren des humanitären Notstands an den EU-Außengrenzen endlich ins Handeln kommt und sich tatsächlich an der Finanzierung einer zivilen Seenotrettungsmission beteiligt, ist ein sehr wichtiges politisches Signal“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.
Der Streit um die Förderung ziviler Seenotrettungsorganisationen löste zuletzt kontroverse Diskussionen im politischen Berlin aus. Insbesondere die Distanzierung des Bundeskanzlers sorgte für Irritationen bei den Seenotretter*innen von Sea-Eye.
„Es muss über alle Parteigrenzen hinweg unzweifelhaftes Einvernehmen dahingehend bestehen, dass wir Menschen vor dem Ertrinken retten und dass es keinen einzigen Grund geben kann, schutzsuchende Menschen dem Meer auszuliefern. Die Würde des Menschen darf migrationspolitisch niemals relativiert werden“, sagt Isler weiter.
Seit Mitte 2021 kooperiert die weltweit tätige, ärztliche Organisation German Doctors mit der zivilen Seenotrettungsorganisation Sea-Eye.
„Wir wollen weiterhin nicht die Augen davor verschließen, dass immer noch unzählige Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer ihr Leben riskieren und verlieren. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Rettung von Menschen aus akut lebensbedrohlichen Situationen – in unseren Projekten genauso wie auf dem Mittelmeer“, erläutert Vorständin Dr. Christine Winkelmann, verantwortlich für die Projektbetreuung.
Als Einsatzärztin auf der vierten Mission der SEA-EYE 4 in diesem Jahr wird Barbara Held im Auftrag von German Doctors die in Seenot geratenen und von der SEA-EYE 4 aus dem Mittelmeer geretteten Menschen basismedizinisch versorgen.
Zu ihrer Motivation sagt die erfahrene Allgemeinmedizinerin und Schiffsärztin: „Dies wird meine achte Rettungsmission sein. Ich wünschte, sie könnte meine letzte sein, weil Menschen nicht mehr fliehen müssten. Aber das ist derzeit nur ein Traum.“ Für ihre erste Mission mit der SEA-EYE 4 hofft Barbara Held, „dass die Crew zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein werde“.
Insgesamt hat sich die Zahl der Ankünfte schutzsuchender Menschen in Italien im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt. Seenotrettungsorganisationen kommen aber nur im Notfall zum Einsatz. So waren Seenotrettungsorganisationen aus Deutschland in 2 % der Fälle an der Ausschiffung schutzsuchender Menschen in Italien beteiligt (Quelle: ISPI). Insgesamt sind über 2.400 Menschen in 2023 bei dem Versuch ums Leben gekommen, das Mittelmeer zu überqueren, um Schutz in Europa zu finden. In diesem Monat jähren sich die großen Unglücke vor Lampedusa zum zehnten Mal, bei denen am 3. und 11. Oktober 2013 Hunderte Menschen vor Lampedusa starben. Seitdem verloren mehr als 28.000 Menschen ihr Leben an den EU-Außengrenzen. Sie sind damit die tödlichsten Außengrenzen der Welt.