Sea-Eye kritisiert das Bundesinnenministerium scharf
Hamburger Völkerrechtlerin befürchtet Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung
Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 08.11.2023, dass das von Nancy Faeser geführte Bundesinnenministerium eine Gesetzesänderung vorschlägt, die erstmals in Deutschland die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung ermöglicht.
Aus dem Bundesinnenministerium stammt der Vorschlag, dass der § 96 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes dahingehend geändert wird, dass der Straftatbestand der Hilfe zur illegalen Einreise auch dann angewandt werden kann, wenn kein finanzieller Vorteil vorliegt und für die Einreise keine Genehmigung vorlag.
Nassim Madjidian, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Hamburg, befürchtet, „dass mit der Gesetzesänderung die völkerrechtliche Rechtspflicht zur Seenotrettung ausgehöhlt werden könnte“.
Crewmitglieder von Schiffen der Seenotrettungsorganisationen, aber auch von kommerziellen Reedereien, würden künftig Gefahr laufen, in Deutschland angeklagt zu werden, wenn sie Menschen ohne Zuweisung eines Hafens im Schengen-Raum ausschiffen.
„Diese Gefahr ist absolut real. Wir erinnern uns an die Politik der geschlossenen Häfen, als Matteo Salvini Innenminister Italiens war und die Ausschiffung Überlebender untersagte. Mehrere Kapitän*innen waren damals gezwungen, den Notstand zu erklären und ohne Erlaubnis in italienische Häfen einzufahren, um teils zweiwöchige Blockaden zu beenden. Ein solches Verhalten könnte mit den geplanten Änderungen nun ausgerechnet von Deutschland aus geahndet werden“, sagt Madjidian weiter.
„Es widerspricht der Programmatik aller drei Regierungsparteien in Deutschland, die sich in ihren Programmen zur Bundestagswahl eindeutig und positiv zur Seenotrettung positioniert haben. Wir sind bestürzt, dass die Politik von Nancy Faeser nicht mehr von den Inhalten und Ideen ihres postfaschistischen, italienischen Kollegen unterschieden werden kann. Wir fordern, dass dieser Vorschlag verworfen wird und dass sich die demokratischen Abgeordneten des Bundestags jetzt eindeutig zur zivilen Seenotrettung positionieren. Denn Gesetze werden abschließend nicht im Bundesinnenministerium diskutiert und verabschiedet, sondern vom Deutschen Bundestag“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.