Kai, unser Menschenrechtsbeobachter, sprach an Bord mit unseren Gästen über ihre Erlebnisse. Ein Familienvater aus Nigeria berichtete ihm von den Zuständen in libyschen Lagern.

„Als ich 14 Jahre alt war, ist meine Mutter gestorben. Danach habe ich mich sehr alleine gefühlt. In Nigeria tötet die Terrororganisation Boko Haram immer wieder Menschen und macht ihnen viel Angst. Das Leben ist schwierig und ich musste etwas tun.

Ich ging über den Niger nach Libyen, um dort zu arbeiten. Doch ich habe mir nicht vorstellen können, dass es in Libyen so schlimm ist. Regelmäßig werden Menschen dort entführt. Wer nicht bezahlt, wird erschossen. Häufig wird so Geld von den Familien erpresst.

Familie auf der ALAN KURDI

Insbesondere schwarze Menschen sind in Libyen nichts wert. Das, was wir auf der ALAN KURDI pro Person zu essen bekommen, hätte im libyschen Lager für fünf Personen reichen müssen.

„Insbesondere schwarze Menschen sind in Libyen nichts wert.“

Vor einem Jahr ist in Libyen meine Tochter geboren worden. Zusammen mit meiner Frau musste ich aus Libyen fliehen, um zu überleben und unserer Tochter eine Zukunft in Sicherheit zu bieten.“

— Vater aus Nigeria (20 Jahre) —

Statement von Kai:

Auf unserer Mission bin ich mit unseren Gästen in Kontakt getreten und viele erzählten bereitwillig von ihrer Geschichte. Es ist erschreckend und bedrückend, was diese Menschen alles erlebt haben. Menschenrechte werden in Libyen mit den Füßen getreten.

Der einzige Weg aus Libyen heraus führt über das gefährliche Mittelmeer nach Norden. Viele Gäste berichten, dass die Lager die einzige Möglichkeit sind, an eine Fahrt nach Europa zu kommen.

Doch die Lager sind keine Reisebüros, sondern die Hölle. Die Menschen schlafen monate- oder jahrelang dicht gedrängt in Baracken mit wenig Luft. Es gibt viel zu wenig Essen. Ein Geretteter berichtet, dass man nur einen Toast mit ein bisschen Käse für den Tag bekommt.

„Die Lager sind keine Reisebüros, sondern die Hölle.“

— Kai, Menschenrechtsbeobachter —

Bewaffnete Milizen bedrohen die Menschen mit Waffen und lassen sie sehr viel Geld bezahlen, damit sie nicht erschossen werden. Einige unserer Gäste haben auf ihrem Weg gesehen, wie Freunde erschossen wurden, auch einige der Kinder an Bord. Jeden Tag fallen Schüsse.

Angesichts dieser Berichte ist es absolut verantwortungslos, dass die Europäische Union die sogenannte libysche Küstenwache dafür ausrüstest, dass Menschen zurück in diese Umstände gebracht werden. Damit liefert die Europäische Union die flüchtenden Menschen bewusst Menschenrechtsverletzungen aus.

Kai, unser Menschenrechtsbeobachter, spricht an Bord mit unseren Gästen über ihre Erlebnisse. Ein Vater aus Libyen berichtete ihm, weshalb seine Familie das Bürgerkriegsland verlassen musste.

„In Libyen gibt es kein Leben mehr. Das Land hat sich verändert und mit ihm die Menschen. Es gibt keine Perspektive dort. Ich habe eine Frau und drei Kinder im Alter von sieben Jahren, vier Jahren und fünf Monaten.

Von 2005 bis 2017 habe ich mit meiner Familie in Dubai gewohnt und ich konnte ohne Probleme reisen. Als wir zurück nach Libyen kamen, war nichts mehr wie vorher.

Unser Haus wurde vom Krieg zerstört, wir haben nichts mehr. Mein Sohn braucht dringend eine Operation, die er in Libyen nicht bekommen kann. Ich habe schon alles versucht und all unser restliches Geld für ihn ausgegeben.

Libyscher Mann

Mein 4-jähriger Sohn kennt mich gar nicht richtig. Weil wir wegen des Bürgerkriegs in ständiger Angst leben, kann ich nicht mit ihm spielen. Ich kann meine Kinder auch nicht nach Draußen lassen, weil das zu gefährlich ist.

„Man lebt in ständiger Angst in Libyen.“

Ich möchte nur, dass es meiner Familie gut geht. Daher musste ich Libyen verlassen.

Ich weiß schon lange, dass viele Menschen in mein Land kommen, um nach Europa zu gehen, aber ich hätte nie gedacht, dass ich mal gehen muss. Und ich hätte nie gedacht, dass ich Libyen so verlassen würde. Meine Familie und Freunde sind teilweise noch da und es tut mir sehr weh, Libyen zu verlassen.“

— Vater aus Libyen (45 Jahre) —

Statement von Kai:

Was diese Familie erlebt hat, ist erschreckend und bestürzend. Gleichzeitig zeigt es deutlich, wie unsicher und instabil Libyen durch den Bürgerkrieg geworden ist. Die Gespräche, die ich bisher mit unseren Gästen führen konnte, zeigen, dass in Libyen auch außerhalb der Foltercamps katastrophale Zustände herrschen.

„Wir sehen wiedermal, dass Libyen kein sicherer Ort ist.“

— Kai, Menschenrechtsbeobachter —

Es tobt seit Jahren ein Bürgerkrieg. Die Menschen leben in Angst und täglich werden Menschenrechte verletzt.

Wir sind froh, unseren Gästen an Bord der ALAN KURDI endlich Schutz und Sicherheit geben zu können.

Wir haben lange überlegt, ob wir diese Bilder veröffentlichen. Wir sind nach langer Abwägung zu dem Entschluss gekommen, dass diese Geschichten gehört werden sollen. Um die interviewten Geretteten zu schützen, wurden ihre Gesichter unkenntlich gemacht.

Warnung: Die Inhalte enthalten Berichte über massive Gewalt und massive Gewalt an Kindern

Unsere Menschenrechtsbeobachterin interviewte zwei Überlebende, die im November 2019 von der ALAN KURDI aus einem Schlauchboot gerettet worden sind.

In dem Video beschreibt die Gerettete entsetzliche Szenen, die sie während ihrer Zeit in einem libyschen Lager beobachtet hat. Sie schildert, wie ein Libyer ein Neugeborenes einer Frau lebend entreißt und es zu einem „wütenden Hund“ bringt. Die Geretteten beschreiben Erfahrungen brutalster Gewalt. Ein junger Mann berichtet, dass er mit seiner Familie telefonieren musste und währenddessen solange verprügelt worden ist, bis er vor Schmerzen jammerte.

Wir haben uns dazu entschlossen, diese Berichte zu veröffentlichen, weil die Situation in libyschen Lagern zur Realität der europäischen Grenzsicherung gehört. Die Berichte über Sklavenhandel, schwere Folter, Misshandlungen, sexuelle Gewalt, genauso aber Unterversorgung, völlig unzureichende medizinische Versorgung und unmenschlich unhygienische Zustände haben bisher zu keiner Abkehr der europäischen Migrationspolitik geführt.

Die Regierungen der EU Mitgliedsstaaten laden in diesen Jahren schwere Schuld auf sich und auf uns. Denn es ist unsere Zeit. Es sind unsere Brüder, Schwestern und deren Kinder, die in Libyen gefoltert, vergewaltigt und ermordet werden. Dass dabei tiefe Abgründe aufgerissen werden, wird bewusst in Kauf genommen.

Wir fordern deshalb erneut von der Bundesregierung und der Europäische Union sowie allen ihren Mitgliedstaaten:

  • Beenden Sie die menschenverachtende Politik der Rückführung von auf See Geretteten nach Libyen
  • Kehren Sie zu einer menschenrechtsorientierten, humanitären Politik zurück.
  • Besonders vulnerable Personen, zum Beispiel Familien, schwangere Frauen und Kinder, müssen evakuiert werden und vor weiteren Verbrechern geschützt werden.
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Im Interview berichten die Geretteten über massive Gewalt und massive Gewalt an Kindern in libyschen Lagern:.