Sea-Eye gelingt die Befreiung des Bündnisschiffes SEA-EYE 4

Italienische Behörden heben Festsetzung nach 3 Monaten endlich auf


Nach einer dreimonatigen Festsetzung des Bündnisschiffes SEA-EYE 4, entließen die Inspekteur*innen der Italienischen Küstenwache am Mittwochabend, 18.08.2021, die SEA-EYE 4 aus der sogenannten Verwaltungshaft.

Das Schiff hatte in seinem ersten Einsatz im Mai insgesamt 408 Menschenleben, darunter 150 Kinder, gerettet und wurde anschließend in Palermo festgesetzt. Wie bei anderen Festsetzungen von deutschen Rettungsschiffen stellten die italienischen Behörden überhöhte Anforderungen an das Rettungsschiff, bemängelten die Zertifizierung des Schiffes und erklärten die Abwasser- und Müllentsorgungskapazitäten für unzureichend. Inzwischen beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage, ob die Festsetzungen rechtmäßig sind. Sea-Eye geht genau wie die deutschen Behörden davon aus, dass die Festsetzungen unrechtmäßig sind. Bis zu einem Urteil des EuGHs kann aber noch mehr als ein ganzes Jahr vergehen.

Sea-Eye entschied daher, keine Ressourcen in einer weiteren Klage zu binden und in Abstimmung mit den deutschen Behörden die geforderten Anpassungen freiwillig zu erfüllen, um schnellstmöglich wieder Menschenleben zu retten. Wochenlang arbeiteten Sea-Eye’s Nautiker*innen, Ingenieur*innen und Besatzungsmitglieder mit der zuständigen Flaggenstaatsbehörde Dienststelle Schiffssicherheit in Hamburg eng zusammen, um Lösungen für mehr als 20 überhöhte Anforderungen zu erarbeiten.

Der Einsatz der Mitarbeitenden aus Hamburg war unentbehrlich für die Freilassung der SEA-EYE 4. Ansonsten wären wir Italien schlicht ausgeliefert geblieben und hätten erneut klagen müssen. Wir sind der Dienststelle Schiffssicherheit deshalb sehr dankbar!“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Die SEA-EYE 4 wird nun unverzüglich auf ihren zweiten Rettungseinsatz vorbereitet. Sea-Eye und United4Rescue wollen das zweite zivilgesellschaftliche Bündnisschiff zeitnah in den zweiten Einsatz entsenden.

Wir hoffen sehr, dass die SEA-EYE 4 nun regelmäßig eingesetzt werden kann. Es kann nicht sein, dass man sich in Rom für jede Inspektion neue Beanstandungen überlegt, um die Rettungsschiffe immer wieder vom Einsatz abzuhalten. Das kostet einfach Menschenleben und muss aufhören“, sagt Michael Schwickart, stellv. Vorsitzender des Bündnisses für zivile Seenotrettung United4Rescue.

Zusammen mit seinen operativen Partnern German Doctors und Refugee Rescue will Sea-Eye noch im August in den Einsatz zurückkehren.

Wir unterstützen selbstverständlich auch beim nächsten Einsatz der SEA-EYE 4 mit unserer medizinischen Expertise auf der Krankenstation. Für uns ist es ein Gebot der Menschlichkeit, flüchtende Menschen zu retten und zu versorgen. Niemand in Not darf auf dem Meer zurückgelassen werden.“, sagt Dr. Christine Winkelmann, Vorständin von German Doctors.

Die Politik der Festsetzung von Rettungsschiffen zwang Sea-Eye zuletzt dazu den Betrieb der ALAN KURDI einzustellen und das Schiff an die italienische Organisation ResQ zu übergeben. Unter dem Namen RESQ PEOPLE retteten die Italiener*innen in der vergangenen Woche 166 Menschenleben. Die hohen Kosten für die Festsetzung der SEA-EYE 4 konnte Sea-Eye durch die Kampagne „Ein Geschenk für Horst“ finanzieren. Bei der von Sophie Passmann, Ruth Moschner, Klaas Heufer-Umlauf, Joko Winterscheidt, Stephan Anpalagan und Jan Delay unterstützen Aktion spendeten rund 8.000 Menschen über 260.000 €. Eine weitere Zuwendung über 50.000 € für den bevorstehenden Einsatz erhielt Sea-Eye von der Deutschen Postcode Lotterie, die einen großen Teil ihrer Einnahmen für gemeinnützige und mildtätige Zwecke einsetzt.

Diese breite Unterstützung zeigt ganz klar, wie viele Menschen sich gegen die europäische Politik der Abschottung und des Ertinkenlassens zur Wehr setzen. Wir werden immer mehr, wir werden lauter und wir geben auf keinen Fall auf!“, sagt Isler weiter.

Um die nächste Mission vollständig zu finanzieren und schnellstmöglich wieder in das Einsatzgebiet aufzubrechen ist Sea-Eye weiterhin auf Spenden angewiesen.